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Für Angehörige oft zu teuer Für Angehörige oft zu teuer: Die Zahl der Sozialbestattungen im Harz steigt

Von Detlef Horenburg 13.04.2015, 11:09
Viele Hinterbliebene wählen die kostengünstige Beerdigung auf der grünen Wiesen.
Viele Hinterbliebene wählen die kostengünstige Beerdigung auf der grünen Wiesen. Chris Wohlfeld Lizenz

Quedlinburg/Halberstadt - Es ist ein trauriger Trend: Die Zahl der Sozialbestattungen im Harzkreis nimmt zu. Hinterbliebene können oft die Bestattung nicht mehr bezahlen und beantragen beim Landkreis die Kostenübernahme. So gab es im vergangenen Jahr 179 Anträge auf Erstattung der Kosten für 112 Sterbefälle. 2007 waren es noch 157 Anträge.

Tief in die Tasche greifen muss dafür der Landkreis Harz: Im vergangenen Jahr übernahm er 183 000 Euro an Bestattungskosten. 2007 waren es rund 40 000 Euro weniger. In diesem Jahr ist erneut eine Steigerung zu erwarten. So wurden in den ersten beiden Monaten bereits 45 000 Euro an 57 Antragsteller ausgezahlt. „Der Anstieg liegt nicht allein daran, dass in den Jahren die Bestattungskosten gestiegen sind“, sagt Gabriele Blumenthal, Sozialhilfe-Abteilungsleiterin beim Sozialamt des Landkreises Harz, und fügt an: „Heute sterben nicht mehr Menschen als vor ein paar Jahren. Aber es ist eindeutig so, dass die Sozialbedürftigkeit zugenommen hat.“

Sie und die Mitarbeiter im Sozialamt wissen, dass sich die Hinterbliebenen in einer schwierigen Situation befinden. Verschärft hat sich die Situation seit 2004, als die Krankenkassen das Sterbegeld aus ihren Leistungen strichen. Zwar gebe es noch einen großen Teil von Bürgern, der Vorsorge für den Sterbefall trifft. Aber, schränkt sie ein, viele können das überhaupt nicht, beispielsweise Hartz-IV-Empfänger oder Menschen, die am untersten finanziellen Limit leben.

Doch nicht alle Antragsteller bekommen automatisch auch die Bestattungskosten erstattet. Von den 179 Anträgen mussten 23 abgelehnt werden. „Dort waren das Einkommen und das Vermögen der Hinterbliebenen so hoch, dass die Kosten für die Bestattung nicht übernommen werden konnten“, sagt Gabriele Blumenthal. Da in Deutschland eine Bestattungspflicht bestehe, sei klar geregelt: An erster Stelle stehen der Ehemann- beziehungsweise die Ehefrau, es folgt der Lebenspartner- bzw. die Lebenspartnerin (bei eingetragenen Partnerschaften), dann die volljährigen Kinder sowie die Eltern und die Geschwister. „Erst zum Schluss, wenn es keinen Erben gibt oder sie nicht in der Lage sind zu zahlen, steht der Sozialhilfeträger in der Pflicht“, so die Abteilungsleiterin. Allerdings räumt sie auch mit einem weit verbreiteten Irrtum auf: „Wer beispielsweise das Erbe oder die Schulden ausschlägt, muss unter Umständen trotzdem für die Beerdigungskosten aufkommen“, sagt sie. Es werde nämlich in diesen Fällen geprüft, ob eine Unterhaltspflicht vorliegt.

Insgesamt gab es im vergangenen Jahr nur sechs Widersprüche zu der Höhe der Kostenübernahme. In drei Fällen prüfte das Kreissozialamt erneut und akzeptierte die Beerdigungskosten. Im Jahr zuvor waren es fünf Widersprüche.

Dass die Zahl so gering ist, begründet die Abteilungsleiterin damit, dass im Jahr 2013 rund 35 Bestattungsunternehmen angeschrieben wurden. „Wir haben dort den Bestattern erläutert, welche Kosten für eine einfache, aber menschenwürdige Bestattung der Landkreis übernimmt“, sagt sie. Damit haben die Bestatter auch eine Übersicht in die Hand bekommen, um die sozialbedürftigen Hinterbliebenen richtig beraten zu können. Angefordert wurde von den Unternehmen dazu auch eine fiktiver Kostenvoranschlag für eine einfache Beerdigung, egal ob Erd- oder Feuerbestattung. Blumenthal: „Das hängt damit zusammen, dass es keine einheitlichen Kostensätze bei den Bestattern gibt.“ Auf dieser Grundlage erfolgt dann auch die Bewilligung oder Ablehnung der Anträge auf Übernahme von Bestattungskosten. Dies verkürze letztlich auch die Prüfzeiten durch das Sozialamt. Sie liegt hier im Harz bei etwa 14 Tagen bis zu vier Wochen - je nachdem, wie schnell alle Nachweise von den Hinterbliebenen erbracht werden.

Die Anträge auf Kostenübernahme müssen die bedürftigen Hinterbliebenen beim Kreissozialamt stellen. Bevor ein Vertrag mit einem Bestatter abgeschlossen wird, sollten sich die Betroffenen beim Sozialamt über die Kostenübernahme beraten lassen, rät Gabriele Blumenthal.

(mz)