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Friedhof Friedhof: Letzte Ruhe im Eichenwald

Von petra korn 23.01.2014, 18:17
Förster Ralf Ziesenhenne an der Infotafel des Friedhofes.
Förster Ralf Ziesenhenne an der Infotafel des Friedhofes. Chris Wohlfeld Lizenz

Meisdorf/MZ - Förster Ralf Ziesenhenne ist für rund 1 300 Hektar Waldfläche der Kirchlichen Waldgemeinschaft Wippra verantwortlich. Gut 20 Hektar davon sind ein ganz besonderer Wald: der „Ruheforst Harz-Falkenstein“. „Es ist ein Waldfriedhof“, sagt Ziesenhenne, der über einen Bewirtschaftungsvertrag, den die kirchliche Waldgemeinschaft mit dem Betreuungsforstamt Harz geschlossen hat, als geschäftsführender Revierleiter in der Region tätig ist. Dabei kümmert er sich nicht nur um die Waldflächen, sondern ist auch Ansprechpartner für alle, die sich für den Ruheforst interessieren.

Hier, in einem Wald bei Meisdorf mit mehr als 150 Jahre alten Eichen, können Beisetzungen in biologisch abbaubaren Urnen erfolgen. Möglich ist das in so genannten Familienbiotopen, bei denen die Rechte auf Nutzung aller Grabstellen um einen Baum herum erworben werden, oder in Gemeinschaftsbiotopen.

Vor fast fünf Jahren, im Mai 2009, ist der Ruheforst eröffnet worden. „Das Interesse war von Anfang an groß, und es ist ungebrochen“, berichtet der Förster. Um die 40 Beisetzungen gibt es pro Jahr. Die Menschen, die sich für den Waldfriedhof interessieren, kommen aus der Region zwischen Halle und Wernigerode, aber auch aus Erfurt oder Berlin. Darunter sind Interessenten im mittleren Alter, die sich mit dem Thema beschäftigen und an einen „Familienbaum“ denken, unter dem Eltern oder Großeltern ebenso ihre letzte Ruhe finden können wie sie selbst und ihre Kinder. „Das ist ja das Urkonzept des Ruheforstes“, sagt Ralf Ziesenhenne. Nicht selten kommen aber auch Paare, die sich nach Grabstellen in einem Gemeinschaftsbiotop erkundigen.

Natürlich entscheiden sich auch Naturinteressierte für den Waldfriedhof; doch sehr oft hat diese Wahl auch mit der Grabpflege zu tun, weiß der Förster. „Es geht darum, wer das Grab pflegt, wenn niemand von der Familie da ist, der es tun könnte, und es geht um eine Alternative zur grünen Wiese“, so der Förster. Im Ruheforst ist eine Grabpflege weder nötig noch erwünscht. Hier soll das Waldbild erhalten bleiben.

Informationen zu dem Waldfriedhof gibt es auch im Internet. „Doch viele, vor allem Ältere wollen das gar nicht. Sie wollen herkommen und sich das ansehen.“ Ralf Ziesenhenne erklärt den Interessenten das Konzept, erläutert ihnen, wie eine Beisetzung erfolgen kann. „Diese gestalten die Leute sehr individuell. Manche machen eine Beisetzung im kleinsten Familienkreis am Baum. Andere machen eine komplette Trauerfeier mit Pfarrer oder Trauerredner und nutzen dafür den Andachtsplatz“, sagt der Förster. „Das kann auch jeder so gestalten, wie er möchte. Das muss mit den Bestattungshäusern abgesprochen werden.“ Mit zusätzlichen Motiven oder Worten gestaltet werden können auch die kleinen Schilder mit den Namen der Verstorbenen, die an die Bäume angebracht werden können.

Nach dem Waldgesetz ist der Ruheforst übrigens nach wie vor Wald und für jedermann zugänglich. „Es ist ein Wald mit einer Sondernutzung“, erläutert der Förster. Hier werde kein Holz mehr eingeschlagen. Aber Pflegemaßnahmen würden nach wie vor durchgeführt, um die Verkehrssicherungspflicht zu erfüllen. So werden beispielsweise Wege erhalten, abgestorbene Bäume weggenommen und heruntergefallene Äste entfernt.

Eine Eiche mit Namensschild.
Eine Eiche mit Namensschild.
Chris Wohlfeld Lizenz