1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Quedlinburg
  6. >
  7. Freundeskreis Alte Kirche: Freundeskreis Alte Kirche: Fritz Graßhoff, Sprachakrobat aus Quedlinburg

Freundeskreis Alte Kirche Freundeskreis Alte Kirche: Fritz Graßhoff, Sprachakrobat aus Quedlinburg

Von Rita Kunze 04.02.2013, 17:27

Bad Suderode/MZ. - "Ich produzier(t)e Gebrauchsware und Unnützes. Zum Unnützen gehören die Künste. Ihnen gehört meine ganze Liebe", sagte Fritz Graßhoff über sein Schaffen. Der Maler und Literat, der vor 100 Jahren, am 9. Dezember 1913, in Quedlinburg geboren wurde, steht im Mittelpunkt einer Veranstaltung, zu der der Freundeskreis Alte Kirche Bad Suderode am kommenden Sonnabend einlädt. Es ist auch ein Gedenktag: Am 9. Februar 1997 starb Graßhoff im Alter von 84 Jahren in seiner Wahlheimat Kanada.

An den vielseitigen Künstler, der in der Fremde bekannter war als in der alten Heimat, soll in Bad Suderode ein Liedernachmittag erinnern, den Hartmut Gebhardt und Eugen Jost gestalten. Das Duo aus Goslar präsentiert Gedichte, Texte und Lieder wie das durch Hans Albers bekannte "Nimm mich mit, Kapitän, auf die Reise", dessen Text von Fritz Graßhoff stammt, der ihn gemeinsam mit Norbert Schultze zu Papier brachte.

Für Gebhardt, der sich seit den frühen 60er Jahren mit Graßhoff beschäftigt, ist der ein "unglaublicher Sprachakrobatiker": "Er kommt aus mit wenigen Worten, er hat in Vierzeiler ganze Geschichten gepackt." Im deutschen Kulturbetrieb habe Graßhoff jedoch nie Fuß gefasst, er habe sich ihm vielmehr verweigert. Mitursächlich, so meint Gebhardt, sei wohl auch das relativ späte Erscheinen des Nachkriegs-Romans "Der blaue Heinrich" in den 80er Jahren gewesen. Das Thema hatten zu dieser Zeit schon andere, unter anderem Günter Grass, längst verarbeitet und veröffentlicht. Doch auch seine Übersetzungen der Verse des schwedischen Nationaldichters Carl Bellmann gefielen der deutschen Literaturkritik nicht: Sie sprach vom "Bellmannschen Graßhoff". Andererseits, sagt Gebhardt, hätten Kabarettisten Graßhoff-Texte "immer mit im Programm gehabt".

So wie Gebhardt und Jost, die den Dichter bekannter machen wollen. Ihr Programm überschreiben sie mit einem Vers des Poeten: "Hört mal her ihr Zeitgenossen". Das Duo ist noch nicht lange unterwegs; erst seit 2010 bringt es Graßhoff unter die Leute. Gebhardt, Jahrgang 1940, hat bis 2008 in verschiedenen Verwaltungen gearbeitet, zuletzt als Geschäftsführer der Feuerwehr-Unfallkasse Sachsen-Anhalt / Thüringen. Sein Bühnenpartner Eugen Jost wurde 1947 in Russland geboren und war Musiklehrer an einer Schule für geistig behinderte Kinder. Doch "die Stelle wurde als nicht notwendig für diesen Personenkreis gestrichen", sagt Jost, der 1998 nach Deutschland übersiedelte und seit vergangenem Jahr Rentner ist.

Nun sind die beiden Pensionäre in Sachen Kleinkunst unterwegs, denn "Kleinkunst ist in Deutschland immer gefragt", zitiert Geb-hardt einen Bekannten, der ihn zu den Graßhoff-Interpretationen ermutigte. Darin sieht er seine Berufung: "Wie schrieb Wolfgang Ries im ,Muschelhaufen' 1996: ,Graßhoffs Nachlass ist bis heute noch nicht erschlossen. Zum Glück sind, während die Großen schlafen, ... die vermeintlich Kleinen aktiv.' Vermutlich wird auch sein 100. Geburtstag verpennt. Doch die Kleinen, dazu zähle ich mich, versuchen, die Erinnerung an Fritz Graßhoff aufrecht zu erhalten. Seine Texte, sein Roman ,Der blaue Heinrich' sind ein Zeitzeugnis besonderer Qualität, das nicht einfach in der Versenkung verschwinden darf."

"Hört mal her ihr Zeitgenossen" - Gesang, Rezitation und Erzählungen von Fritz Graßhoff mit Hartmut Gebhardt und Eugen Jost am 9. Februar um 16 Uhr in der Alten Kirche Bad Suderode