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Fahrradfreundliche Stadt Fahrradfreundliche Stadt: Auf dem R 1 bis Quedlinburg

Von Gerd Alpermann 01.10.2015, 18:38
Damit könnte der R 1 auch bald mit ausgeschildert sein
Damit könnte der R 1 auch bald mit ausgeschildert sein Chris Wohlfeld Lizenz

Quedlinburg - Der R 1, der Europaradweg, führt mehrere Kilometer entfernt an Quedlinburg vorbei. Das soll sich ändern. Schließlich verzeichnet der Radtourismus eine steigende Tendenz, so dass es sich lohnt, Radler in die Welterbestadt zu leiten. Mit einem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen und QfW im Stadtrat für eine „Fahrradfreundliche Stadt“ steht die Entwicklung eines Radwege-Konzepts - auch jenseits des R 1, wieder auf der Tagesordnung. Die Situation soll sich in und um Quedlinburg kurz- bis mittelfristig verbessern.

Bekannte Defizite listete Baufachbereichsleiter Thomas Malnati im Wirtschaftsausschuss des Stadtrates auf. Dazu gehört das plötzliche Ende von Radwegen im Außenringbereich der Stadt. Dann müssten die stark befahrenen Straßen genutzt werden, was zu gefährlichen Begegnungen mit dem Autoverkehr führen kann. Besonders Kreuzungen sind unübersichtlich für Radler. Sie zu queren erfordert Geduld und Zick-Zack-Wege. Aufgrund des Welterbes gibt es in der Innenstadt keine gesonderten Radwege. In verkehrsberuhigten Zonen entsteht Konfliktpotenzial von Fußgängern und Radfahrern.

Der begeisterte Radfahrer Chris Wohlfeld hat am Mittwoch im Haupt- und Finanzausschuss seine Ideen zum Thema R 1 vorgestellt. Er ist selbst den Europaradweg von dessen westlichen Ende in Boulogne-sur-Mer an der französischen Atlantikküste bis fast nach Quedlinburg gefahren - knapp 900 Kilometer. „Das Thema liegt mir sehr am Herzen“, sagte er.

Sein Vorschlag: Den R 1 von seiner jetzigen Führung in Neinstedt abzweigen und ihn dann über den Teufelsmauer-Parkplatz, die Quarmbachsiedlung, den Brühl und die Rittergasse direkt auf den Markt führen. Das seien etwa sieben Kilometer und damit rund 20 Minuten mit dem Rad. „Einziger Knackpunkt ist der Boderadweg, weil es hier private Grundstückseigentümer gibt“, sagte er. Man könne den R 1 aber auch alternativ über den Neinstedter Feldweg führen - alles andere sei dann städtisches Territorium.

In Quedlinburg sollten die Radtouristen idealerweise übernachten, essen und vielleicht einen neuen Schlauch kaufen. Zurück auf die bisherige R-1-Routenführung soll es nach Wohlfelds Idee kurz vor Bad Suderode gehen. Der Vorteil: Im Gegensatz zu einem Bypass, der von Friedrichsaue nach Neinstedt führen würde, würde mit diesem Schlenker keine der derzeit an der Strecke liegenden Kommunen abgeschnitten. 

„Neue Lösungen müssten auch für den R 1 gefunden werden“, sagte der Baufachbereichsleiter. Quedlinburg sollte so eingebunden werden, dass andere Orte aber nicht abgehängt werden. Ein Radweg zum Welterbe würde dem Tourismus entgegenkommen. Fahrradfahrer bringen nicht wenig Geld in die von ihnen angesteuerten Städte. Der Zustand einiger Radwege aber ist grenzwertig. Auch die Wege in die Ortsteile haben Lücken.

Wirtschaftlich wichtiger Faktor

Jürgen Hanisch, Ortsvorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrrad Clubs (ADFC), verwies anschließend noch deutlicher auf die wirtschaftliche Bedeutung des Radtourismus. Mit dem Aufkommen des E-Bikes steige die Zahl der radelnden Senioren, die gute Unterkünfte und Restaurants auf ihrem Weg ansteuern möchten. Laut wirtschaftlichen Erhebungen geben Radtouristen im Durchschnitt 64 Euro pro Tag aus. Insgesamt sorgen sie für einen Bruttoumsatz von 3,5 Millionen Euro im Jahr. Der R 1 könnte auf dem Boderadweg nach Quedlinburg geführt werden. Ein Warten-Radweg würde die historischen Befestigungen um Quedlinburg erschließen. Zudem könnte Quedlinburg radtouristisch das Tor zum Unterharz werden. Wichtig seien sichere Abstellmöglichkeiten für Fahrräder und Gepäck. „Um die Situation für Radfahrer kurzfristig zu verbessern, sollten mehr ,unechte Einbahnstraßen‘ geschaffen werden“, regte der ADFC-Ortsvorsitzende an.

Also Einbahnstraßen wie die Heiligegeiststraße oder die Brühlstraße sollten für Radfahrer in beide Richtungen geöffnet werden. „Der ADFC will bis Ende Oktober einen Maßnahmekatalog vorlegen“, kündigte Jürgen Hanisch an. Dort sollen die Schwerpunkte notwendiger Veränderungen für den Radverkehr aufgeführt werden. Dazu gehört die Verbindung in die Kreisstadt Halberstadt, die nur bis zur B 6n reicht. Der ADFC-Chef brachte auch das Thema „Shared Space“, die Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer ohne Verkehrsschilder, zur Sprache. Langfristig sei das als Modell für Quedlinburg möglich.

Peter Deutschbein (QfW) erinnerte daran, solch ein Modell für den Markt schon einmal vorgeschlagen zu haben, und er erneuerte seine Vorstellungen. Damit fand er aber für den Markt kaum Gegenliebe. Seine Ratskollegen sahen es als nicht praktikabel an. „Die Quedlinburger machen da nicht mit“, meinte Jörg Pfeifer (CDU) zum Marktplatz. Vielleicht wäre so ein Versuch aber in der Heiligegeiststraße möglich.

Ausschussvorsitzender Ulrich Thomas (CDU) mahnte unter anderem an, den Erhalt der Radwege nicht zu vergessen. Bei „unechten Einbahnstraßen“ müsste diese Regelung gut zu erkennen sein. Ein Problem ergebe sich daraus, dass dann Pkw-Stellplätze wegfallen müssten.

Bei der Abstimmung, ein Radwege-Konzept zu erstellen, votierten alle Ausschussmitglieder dafür. Nach dem Wirtschafts- wird sich der Bauausschuss mit dem Thema befassen. (mz)

In und um Quedlinburg gibt es nur relativ wenige Radwege. Dennoch haben die Wege, die durch eine wunderbare Landschaft führen, Potenzial.
In und um Quedlinburg gibt es nur relativ wenige Radwege. Dennoch haben die Wege, die durch eine wunderbare Landschaft führen, Potenzial.
Chris Wohlfeld Lizenz