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Fachkräfte für Hotel- und Gastronomiebranche Fachkräfte für Hotel- und Gastronomiebranche: Bürokaufmann wird Koch

Von Detlef Horenburg 16.09.2014, 19:12
Alexander Otte und Lidia Rosa Garcia am Empfang des Harzer Kultur- und Kongresshotels .
Alexander Otte und Lidia Rosa Garcia am Empfang des Harzer Kultur- und Kongresshotels . Arbeitsagentur Lizenz

Ouedlinburg/wernigerode/MZ - Im Landkreis Harz gibt es momentan 9 281 Menschen, die keinen Job haben. Dagegen sind aber im Bereich der Agentur für Arbeit 396 Stellen unbesetzt. Bei der Kommunalen Beschäftigungsagentur sind es 200 offene Stellen. Doch die Vermittlung geeigneter Bewerber für die Firmen aus dem Pool der Arbeitssuchenden wird insbesondere in den Bereichen Hotel- und Gastronomie sowie Gesundheit- und Pflege, aber auch für das produzierenden Gewerbe, wie dem Handwerk, zunehmend schwieriger, sagte Hans-Joachim Jonas, Fachbereichsleiter bei der Koba. Allein im Bereich Gastronomie/Hotel sind bei der Arbeitsagentur und der Koba rund 150 Stellen unbesetzt. Dafür gibt es verschiedene Gründe, weiß Jonas.

Einerseits hätten immer weniger Bewerber eine ausreichende Qualifikation für die offenen Stellen. Hinzu kommt bei vielen Arbeitssuchenden eine eingeschränkte Mobilität, weil sie kein Fahrzeug haben oder es zur potenziellen Arbeitsstelle keine öffentliche Verkehrsverbindungen gibt. Bei anderen spielen einschränkende familiäre Verpflichtungen eine Rolle, weil sie beispielsweise alleinerziehend sind, die eine Vermittlung in einen Vollzeitjob schwierig machten. Auf der anderen Seite sind aber auch Arbeitgeber bisher kaum bereit, Kompromisse einzugehen, die es zum Beispiel Alleinerziehenden ermöglichen würden, Kinderbetreuung und Berufsleben unter einen Hut zu bekommen, betonte Jonas. „So sind frühe oder späte Arbeitszeiten oder Arbeit in Schichten oft nicht mit der familiären Situation der Arbeitssuchenden vereinbar.“

Lesen Sie auf der nächsten Seite, welche vielfältigen Einsatzmöglichkeiten es gibt.

Ähnlich zeichnet sich das Bild bei der Besetzung der Ausbildungsstellen ab. Rund 20 Prozent, der Ausbildungsstellen, die zu besetzen sind, kommen aus dem Bereich des Hotel- und Gastronomiegewerbes. Allein 153 Lehrstellen zum Koch, Restaurant-, Hotelfachmann oder zur Fachkraft im Gastgewerbe sind noch unbesetzt. „Viele junge Leute sehen hier nicht ihre berufliche Zukunft“, sagte Heike Schittko, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Halberstadt. Neben Mobilitätsproblemen spielten hier auch die Arbeitszeiten in der Branche eine Rolle, die hier durchgehend im Jahr zur Betreuung der Gäste notwendig sind - also auch an Feiertagen und Wochenenden, wenn die Freunde lieber zur Party gehen. „Viele wollen noch nachts um zwei Uhr beim Fastfooter um die Ecke essen, aber selbst nicht um diese Zeit arbeiten“, umriss Schittko das Problem. Sicherlich spielt bei manchen auch die Bezahlung eine Rolle, die in der metallverarbeitenden Industrie höher ausfalle.

„Die falschen Vorstellungen von den Berufen in der Branche würden auch durch manche Fehltritte in der Branche erzeugt“, bestätigte René Maue, Verkaufsleiter im Harzer Kultur- und Kongresshotel in Wernigerode (HKK). Auch er hatte, wie er gestand, anfangs falsche Erwartungen gehabt, als er seine Ausbildung zum Hotelfachmann 2001 in Halberstadt begann. „Heute kann ich sagen, ich möchte nichts anderes machen“, bekannte der 30-jährige Quedlinburger.

Die Berufe in der Branche würden eine Vielfalt der Einsatzmöglichkeiten und Abwechslung bieten. Jeder Tag sei anders. Hier gehe es um die Arbeit mit den Menschen - auch mit manchem „schwierigen Gast“. Dies gleiche auch gewisse Nachteile aus, wie ständige die Verfügbarkeit über das ganze Jahr. „Ich will nicht jeden Tag monoton die Türen am Fließband am Auto einhängen“, bekannte er.

Das HKK gehöre mit 258 Zimmern und 540 Betten zu den größten Hotels der Region. Der Auslastungsgrad liege bei 67 Prozent. Damit der Betrieb von Neujahr bis Silvester reibungslos läuft, kümmern sich darum 74 Mitarbeiter. Den fünf Auszubildenden werden zusätzlich zur schulischen Ausbildung hausintern Weiterbildungen vermittelt.

„Unsere Mitarbeiter bekommen pünktlich ihr Gehalt, was leider nicht überall in der Branche üblich ist“, betonte Maue. Im kommenden Jahr begeht das Kongresshotel sein 20-jähriges Jubiläum. „Das werden auch viele langjährige Mitarbeiter begehen“, sagte er. Für eine Alleinerziehende gebe es im Hotel flexible Arbeitszeiten. Auch seien befristete Arbeitsverträge tabu. Maue: „Wer bei uns einen Job hat, der hat eine Vollzeitstelle.“

Um den beruflichen Nachwuchs zu sichern, werde der Kontakt zu den Schulen und Bildungsträgern gesucht, aber auch zur Arbeitsagentur und Koba.

Alexander Otte aus Blankenburg gehört zu den Quereinsteigern. 2010 hat der Bürokaufmann in der Spülküche des Hotels angefangen. Seit September sitzt der 32-Jährige wieder auf der Schulbank - als Kochlehrling. „Ich habe hier meinen Traumberuf entdeckt.“

Über ein Weiterbildungspraktikum der EU kam Lidia Garcia aus Südspanien nach Wernigerode. Sie studierte in ihrer Heimat Tourismusmanagement und hat einen Masterabschluss in Marketing und internationales Business. In ihrer Heimat hat sie sieben Jahre dann als Marketingleiterin gearbeitet. Jetzt ist sie im HKK im Bereich des Veranstaltungsmanagement tätig. „Ich fühle mich hier sehr wohl“, bekannte die 32-Jährige.