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Ein neuer Stern am Jazz-Himmel

Von ANDREAS BÜRKNER 05.11.2008, 18:25

BALLENSTEDT/MZ. - Sie wurden dabei nicht enttäuscht, denn mit ihrer wechselvollen Stimme, mal kraftvoll, dann wieder zart und zerbrechlich, zog die inzwischen in Berlin lebende 26-Jährige die Zuhörer in ihren Bann. Unterstützt von ebenso gut aufgelegten Musikern, die sie vor allem während des Studiums kennen und schätzen gelernt hatte, wechselten sich rhythmische, aber auch sanfte Titel ab.

Die Originale des "S.O.S" von The Police, Joni Mitchells "A Case Of You" oder Soundgardens "Blake Hole Sun", in jungen Jahren eines ihrer Lieblingslieder, waren kaum noch zu erkennen, sie erhielten dank Tanjas eigenwilliger Arrangements und Interpretation einen völlig neuen Klang. Eigenkompositionen, wie "Invisible", "Tunnel" oder "Sommerlied" muss man selbst gehört haben, um ihr Können und das der kleinen, aber feinen Band würdigen zu können. Selbst die Improvisation zu Gegenständen aus dem Publikum passte dazu.

Konzerte führten sie bereits durch ganz Deutschland, auch nach Kanada, Italien, Belgien, die Niederlande und Korea, aber der Auftritt in Ballenstedt war für die ambitionierte Sängerin eher eine Reise zu den Wurzeln. Tanja Pannier wurde zwar in Thüringen geboren, wuchs aber an der Saale in Halle auf und absolvierte dort bis 2002 am Händel-Konservatorium ihre Gesangausbildung.

"Sie entschied sich früh für die Musik", weiß Vater, Förderer und Manager Dieter Pannier, der auch stolz darauf ist, dass sie von 2001 bis 2003 im Jugendjazzorchester Sachsen-Anhalts sang und anschließend zum "Bujazzo", dem Bundesjugendjazzorchester unter der Leitung von Peter Herbolzheimer gehörte, "sozusagen der Nationalmannschaft des Jazz."

Bereits der Einstieg, ein Song a capella, dafür aber mit einem Stimmenkopiergerät, "mit dem kann man lustige Sachen machen", zeigte die musikalische Wandlungsfähigkeit, was auch eine enge Vertraute aus Kindheitstagen begeisterte. "Tanja hat sich ganz toll entwickelt", staunte Martina Wittig, ihre Gesangslehrerin am Hallenser Konservatorium, die extra an den Harzrand gekommen war, um sie mal wiederzusehen und vor allem zu hören. "Sie war schon früh auf Jazz fixiert", konnte sie auf die einmalige Karriere ihres Schützlings blicken, "und das Talent zum Improvisieren lag ihr schon immer im Blut."

2002 begann Tanja Pannier ihr Studium an der Hochschule für Musik in Weimar, wechselte aber 2004 an die Universität der Künste nach Berlin, um dort in diesem Jahr mit Auszeichnung abzuschließen. Ihre Zielstrebig-, aber auch Eigenwilligkeit äußerte sich auch im raren Bühnenbild: Neben den Instrumenten verkündete eine Aufschrift ,Flügelschlag', "dass ich jetzt flügge geworden bin, die Freiheit genießen kann." Orientierung gibt ihr der blinkende Leuchtturm, "zugleich mit der Heimat verbunden und Wegweiser", während die zahlreichen Matrjoschkas allein auf den russischen Ursprung des Namens hinwiesen sollten.

Auch wenn Tanja Pannier natürlich mit ihrer tollen Stimme im Mittelpunkt stand, so blieben im "Tonzauber in Türkis", dem Titel der Tour, "womit die Klangfarbe gemeint ist", auch Pianist Jan Miserre, Andreas Waelti am Kontrabass und Jule Unterspann am Schlagwerk genügend Möglichkeiten, in mehreren Soli ihre Spielfreude auszutoben, aber auch im Zusammenspiel zu überzeugen.

Dass Tanja längst keine Unbekannte mehr und schon in jungem Alter begehrt ist, verrät ein Blick in den Terminkalender: Vor Ballenstedt war sie in Taiwans Hauptstadt Taipei, wo sie den ersten Platz bei der "International A Cappella Competition Taiwan" und zusätzlich vier Sonderauszeichnungen abräumte, dann ging es über Bonn, Darmstadt, Magdeburg und den Harz weiter nach Wien und Hamburg. Man darf auf ihren weiteren Weg gespannt sein - vielleicht gastierte in Ballenstedt gar ein künftiger Star?