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Pädagogik Drei Frauen vom Gernröder Kulturverein machen Schulunterricht im Jahr 1900 erlebbar: Führungen in der Alten Elementarschule

Von Rita Kunze 19.06.2020, 11:56
Marlen Hartmann, Gabriele Schober und Angelika Hartmann (v.l.) gestalten historische Unterrichtsstunden.
Marlen Hartmann, Gabriele Schober und Angelika Hartmann (v.l.) gestalten historische Unterrichtsstunden. Kunze

Gernrode - Wehe, man sitzt nicht gerade, hört nicht zu oder kennt die Antwort auf die eben gestellte Frage nicht - dann gibt es Ärger mit Gabriele Schober. Vielmehr mit der Figur, die sie in diesem Moment verkörpert: eine ziemlich strenge Lehrerin aus der Zeit um 1900.

Im historisch eingerichteten Klassenzimmer der Alten Elementarschule Gernrode nimmt Gabriele Schober Kinder und Erwachsene mit auf eine Reise in die Vergangenheit. Die ist immer wieder anders, je nachdem, wie alt oder jung ihre Besucher sind. Für Erwachsene gelte dabei: Wer die Schwelle zum Klassenzimmer übertritt, wird automatisch zum Kind.

Kulturverein „Andreas Popperodt“ bietet eine Zeitreise für Erwachsene an

Die Stunden unter dem Titel „Historischer Unterricht“ gehören zu den beliebtesten Angeboten des Kulturvereins „Andreas Popperodt“, in Hochzeiten gibt es zwei Veranstaltungen täglich. Nach der coronabedingten Zwangspause werden die Unterrichtsstunden ab dem 1. Juli wieder angeboten - unter Einhaltung der geltenden Hygienebestimmungen und für Gruppen bis acht Personen.

Vor den Corona-Beschränkungen waren die „Klassen“ zwar bedeutend größer, aber einen Totalausfall will und kann sich der Verein nicht leisten. Er finanziert sich aus den Einnahmen seiner Veranstaltungen, die vor allem in der Alten Elementarschule stattfinden. Fördergeld bekommt er nicht.

Neben Gabriele Schober schlüpfen für den Historischen Unterricht auch Marlen Hartmann und Angelika Hartmann in Kleider, wie sie von Frauen um die Jahrhundertwende getragen wurden. Sie erzählen von der Geschichte der Elementarschule, von der Entwicklung der Schrift und bringen den Gästen das Lesen und Schreiben bei, wie es frühere Generationen gelernt haben.

Wer die Führung mitmacht, lernt seinen Namen in Kurrent zu schreiben

Am Ende sollen sie nicht nur ihren Namen in deutscher Kurrentschrift schreiben können. „Wenn sie rausgehen, sollen sie sagen, das war interessant, das will ich weitersagen“, beschreibt Gabriele Schober ihr Ziel, mit einer Mischung aus Spaß und Wissen Einblick in die Schulgeschichte zu geben.

Dabei geht es um mehr als die Deutung fremd gewordener Buchstaben und das Schwingen des Rohrstocks. Die Frauen beleuchten auch eine Gesellschaft: „Die Schulranzen der Jungen unterschieden sich in ihrer Form von denen der Mädchen“, nennt Gabriele Schober ein Beispiel. Jungs galten als potenzielle Soldaten - da erinnerte schon der Ranzen der Jüngsten an einen Tornister.

Abhängig davon, wer vor ihnen sitzt, erzählen die Frauen mehr über das Schulwesen, die Entwicklung der Schrift oder die Elementarschule. „Wir gehen auch auf die Zukunft ein“, sagt Marlen Hartmann. „Das ergibt sich einfach, es kommen Fragen.“

Die Frauen werben dabei auch um Mitglieder für den Verein und zeigen, was seit fast 25 Jahren am Haus geleistet wird: Aus einem baufälligen Gebäude haben die Vereinsmitglieder ein lebendiges Museum mit Ausstellungen und vielen Veranstaltungen gemacht.

Besuche und Führungen in der Alten Elementarschule Gernrode sind von Montag bis Freitag von 10 bis 12 Uhr und von 14 bis 16.30 Uhr sowie an Sonnabenden von 14 bis 17 Uhr möglich.

Anmeldungen zu Gruppenführungen bis 20 Personen und zum Historischen Unterricht sind unter Telefon 039485/2 65 und per E-Mail an [email protected] sowie vor Ort in der St.-Cyriakus-Straße 2 möglich. (mz)