Danstedt im Harz Danstedt im Harz: Berufungs-Prozess wegen Pferde-Quälerei

danstedt/magdeburg/MZ - Wer als Prozessbeobachter beim Verfahren gegen Herbert G. auch vor dem Amtsgericht Wernigerode dabei war, dem musste der Auftakt der Berufungsverhandlung vor dem Landgericht Magdeburg am Mittwoch wie ein Déjà-vu vorkommen: Derselbe Angeklagte, derselbe Verteidiger, derselbe Staatsanwalt, derselbe Gutachter. Dieselben Zeugen treten mit denselben Aussagen auf. Und natürlich muss sich der 59-jährige Polizist erneut wegen der heruntergekommenen und nahezu verhungerten Pferde auf seinem Hof in Danstedt verantworten. Das tut er wieder, ohne sich zu den Vorwürfen zu äußern. Alles auf Anfang also. Aber das ist das Wesen der Berufung - im Gegensatz zur Revision werden nicht nur die rechtlichen Aspekte des erstinstanzlichen Urteils geprüft - acht Monate auf Bewährung -, sondern auch die tatsächlichen. Also: Beweise können noch einmal bewertet, Zeugen noch einmal befragt werden.
Und das tut der Vorsitzende Richter Ulf Majstrak denn auch - unaufgeregt und zügig. Zunächst versucht G.s Verteidiger Olaf Schröder aber, das ganze Verfahren zu beenden, ohne dass es überhaupt richtig begonnen hätte. Nachdem er ein Gesprächsangebot des Richters ausgeschlagen hat, stellt er den Antrag, das Verfahren einzustellen. Seine Begründung: „Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft legt nicht dar, wann der Angeklagte welche Tiere gequält haben soll.“ - „Ich denke, die Anklage ist so konkret, dass ihr Leser versteht, worum es geht“, hält Staatsanwalt Ralf Ebbing dem entgegen. Und so sieht es auch die Kammer: Nach kurzer Beratung weisen der Richter und seine beiden Schöffinnen den Antrag der Verteidigung zurück. „Die Tat ist mit der Anklage hinreichend konkret beschrieben“, sagt Majstrak.
Die Stallungen waren ungepflegt und verdreckt
Diese Anklage und die Urteilsbegründung der Wernigeröder Amtsrichterin Heike Hennig gehen von denselben Tatsachen aus. Die Haltungsbedingungen in Danstedt beschrieb sie in der Urteilsbegründung so: „Auf dem Gelände lag ein totes Pferd, an den Hinterbeinen zusammengebunden. Die Stallungen waren ungepflegt und verdreckt. Es gab kein Wasser für die Tiere. Überall waren Müll, Plastik, Dämmwolle und verrottete Eisenstangen. Verschimmeltes Futter lag offen herum. Es gab 1,50 bis 1,70 Meter tiefe Löcher.“ Die Tiere litten laut Richterin unter Erkrankungen der Hufe („Hufrehe“), Haltungs- und Bewegungsstörungen („Ataxie“), Wurmbefall, Apathie, einem in den Kiefer eingewachsenen Fremdkörper und vielem mehr. Aber vor allem war etwa ein halbes Dutzend von ihnen „im schlimmsten Grad ausgehungert“. „Wir unterhalten uns hier nicht über ,ein bisschen schlank' oder ,ein bisschen mollig'“, sagte Hennig im November. „Wenn schon die Muskeln aufgefressen werden“, sei das keine Interpretationsfrage mehr.
Zu wenig Geld für gute Zucht?
Über die Motive des Angeklagten konnte die Richterin nur spekulieren - schließlich schwieg er bis zum Schluss. Fakt sei, so Hennig, dass die vernünftige Versorgung der 24 Pferde im Jahr mehr als 50.000 Euro koste, der Angeklagte netto aber nur rund 18.000 zur Verfügung habe. „Das ist für jedermann erkennbar zu wenig“, sagte sie. G. sei jemand gewesen, der eine „gute Zucht betreiben wollte, was aber über seine Verhältnisse ging“. So habe er „das Leid der Tiere seinen egoistischen Zielen bewusst untergeordnet“.
Ob Richter Majstrak zu demselben Ergebnis kommt, wird sich möglicherweise schon Donnerstag zeigen. Wenn nichts dramatisches passiere, sagte er am Mittwoch der MZ, rechne er mit einem Urteil am Ende dieses Verhandlungstags.