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Buchhändler Ernst-Ulrich Jürgens Buchhändler Ernst-Ulrich Jürgens: Der Theaterbeschützer

Von Rita Kunze 17.05.2017, 11:55
Ernst-Ulrich Jürgens erzählt in seinem Antiquariat von dem Augenblick, als er sich entschied, mit dem Singen aufzuhören.
Ernst-Ulrich Jürgens erzählt in seinem Antiquariat von dem Augenblick, als er sich entschied, mit dem Singen aufzuhören. Chris Wohlfeld

Quedlinburg - Stühle hat er verkauft und Steine, ist von einem zum anderen gegangen, um Geld zu sammeln für ein neues großes Theater in Quedlinburg.

Dass es funktioniert hat, macht Ernst-Ulrich Jürgens heute noch stolz, denn das Große Haus am Marschlinger Hof feiert inzwischen sein 20-jähriges Bestehen, allen damaligen Unkenrufen zum Trotz: „Alle haben uns für verrückt erklärt, ein Theater aufzubauen.“

Mit „uns“ meint Jürgens die Mitglieder des Quedlinburger Musik- und Theatervereins und die „Freunde des Theaters“, die sich zu DDR-Zeiten im Kunsthoken trafen.

Eine Vereinsgründung war erst nach der Wende möglich, aber schon zuvor haben sich die Kulturfreunde für das Theater eingesetzt, das bis zur Wiedereröffnung am Marschlinger Hof mit einer Kammerbühne im jetzigen Kaiserhof auskommen musste.

Seit 25 Jahren ist Ernst-Ulrich Jürgens Vorsitzender 

Und so lange es den Musik- und Theaterverein gibt, so lange ist Ernst-Ulrich Jürgens dessen Vorsitzender: seit 25 Jahren. Das war gar nicht so geplant. Bei seiner Wiederwahl 2014 hatte Jürgens erklärt, dies solle seine letzte Amtszeit sein. Damals war er 74 Jahre alt.

Ein Nachfolger wird dringend gesucht

2016 nahm er die Wahl noch einmal an. Einen Nachfolger sucht der Verein bislang vergeblich. Die dankerfüllten Grußworte während der Feierstunde zum 25. Vereinsjubiläum vor wenigen Tagen haben Ernst-Ulrich Jürgens sehr berührt. Aber: „Ohne den Vorstand ist der Verein nichts. Wir haben einen sehr guten Vorstand. Wenn ich sage, es ist Vorstandssitzung, dann sind alle da.“

Verein als Geldbringer für die Bühne

130 Mitglieder hat der Förderverein, der das Nordharzer Städtebundtheater auch in Zukunft „behüten und beschützen“ soll, wie Jürgens sagt. Er solle „losgehen und sich für das Theater stark machen.

Die Theaterleitung muss in Magdeburg klopfen. Wir machen das hier persönlich.“ Der Verein versteht sich als „Geldbringer“ für die Bühne; zuletzt hat er die Produktion „Mensch Heinrich“ finanziell unterstützt.

Ernst-Ulrich Jürgens brennt für „sein“ Theater - inzwischen ist er dort auch Ehrenmitglied.

Der Funke sprang in der Kindheit über. Als Neunjähriger saß er im Zuschauerraum in der dritten Reihe und verfolgte fasziniert die Aufführung von Engelbert Humperdincks Oper „Hänsel und Gretel“: „Da war ein richtiger Wald auf der Bühne. Wir haben alle gefroren, weil der Bühnenturm nicht beheizbar war. Aber der Wald und die Kälte, das hat gepasst.“

30 Jahre als Sänger auf der Bühne gestanden

Später stand er als ausgebildeter Sänger selbst auf Konzertbühnen, mit großer Hingabe, 30 Jahre lang. Er habe unter anderem die Johannes-Passion von Johann Sebastian Bach gesungen und die „Winterreise“ von Franz Schubert, erzählt er.

Allerdings alles „nebenbei“: Sein Vater habe darauf bestanden, dass er erst Buchhändler wird, bevor er ans Konservatorium geht, sagt Jürgens. Im Nachhinein betrachtet keine schlechte Entscheidung: Im Gegensatz zu Sängern, die von ihrer Kunst leben müssen, habe er sich seine Auftritte immer aussuchen können.

Heute singt er nicht mehr, aber er spielt die Röver-Orgel in der Blasiikirche. Johannes Rieger, der Intendant des Nordharzer Städtebundtheaters, hat ihm zum 25. Vereinsjubiläum einen Gehrock geschenkt. Weil es in der Blasiikirche immer so kalt ist. (mz)