Brand in Quedlinburg Brand in Quedlinburg: Bewohner stehen plötzlich vor dem Nichts

Quedlinburg - „Mein Schwager hat den Brandmelder gehört und ist aufgestanden. Da hat es schon lichterloh gebrannt.“ Mit tränenerstickter Stimme erzählt Annett Westphal, was sich zugetragen hat am frühen Freitagmorgen in der Reichenstraße.
Ihre beiden Schwestern, der Schwager, ihre Mutter und die sechs Kinder haben in wenigen Stunden alles verloren.
Brand in Quedlinburg: Trotzdem die Zeitung ausgetragen
Doch obwohl das Haus in Flammen stand, haben einige Bewohner das Wohl anderer über ihr eigenes gestellt: Als Zusteller haben sie die MZ ausgetragen, während mehr als 80 Feuerwehrleute darum kämpften, den Brand in ihrem Haus unter Kontrolle zu bekommen.
Nach bisherigem Ermittlungsstand der Polizei war gegen 3 Uhr der Anbau des Fachwerkhauses in der Reichenstraße in Brand geraten.
Insgesamt 20 Bewohner sowohl des betroffenen Einfamilienhauses als auch benachbarter Häuser wurden in Sicherheit gebracht, sagte ein Polizeisprecher.
Brand in Quedlinburg: Defekter Stromkabel könnte Ursache sein
Wodurch das Feuer ausgebrochen ist, ermitteln derzeit Brandursachenermittler der Polizei. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass ein technischer Defekt an einem Stromkabel im Anbau des Wohnhauses zum Brandausbruch geführt hat, sagte ein Sprecher.
Die Ermittlungen zur Brandursache sind noch nicht abgeschlossen. Es wurde außerdem ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Brandstiftung eingeleitet.
Der entstandene Sachschaden beträgt ersten Schätzungen zufolge rund 50.000 Euro.
„Wir können uns das nicht erklären“, sagt Annett Westphal auf die Frage, wie das Feuer ausgebrochen sein könnte.
„Sie haben alle geschlafen.“ Dann brach die Katastrophe herein, und nur mit Mühe kann die Quedlinburgerin darüber sprechen. „Auch die Hunde und Katzen, alle sind gerettet. Aber sie haben alle nichts mehr.“
Eine Schwester und deren vier Kinder habe sie bei sich aufgenommen, ihre Mutter sei zusammengebrochen und liege im Krankenhaus, erzählt Annett Westphal. Die Familie ihrer anderen Schwester habe eine Wohnung bereitgestellt bekommen. Die sei aber leer gewesen - und das nächste Desaster begann.
Mit der Bitte um Soforthilfe wandte sich die Familie an das Sozialamt. Ohne Erfolg, sagt Annett Westphal. Das Sozialamt habe sie zur Koba geschickt. „Dort sagte man uns, wir sollen einen Antrag stellen.“
Mitgefühl und Hilfsbereitschaft hätten sie schließlich im Sozialkaufhaus in Quedlinburg erfahren.
„Bettwäsche, Möbel, einen Kühlschrank, Betten - alles haben sie uns geschenkt. Sie haben uns auch zu essen gegeben, obwohl wir gar nichts essen wollten. Aber sie haben gesagt: Jetzt wird erst einmal gegessen.“
Brand in Quedlinburg: Mit dem Notwendigsten versorgt
Mit dem Notwendigsten sind die Familien jetzt versorgt, aber sie stehen dennoch vor dem Nichts. Das Feuer hat alles vernichtet: „Die Kinder hatten nur Hemd und Schlüpfer an“, sagt Annett Westphal unter Tränen.
„Und gerade jetzt vor Weihnachten - die Geschenke waren schon gekauft. Die sind jetzt alle weg.“
Auch das Haus in der Reichenstraße ist nicht mehr zu retten. Das Technische Hilfswerk, das mit 23 Kameraden am Einsatzort war, hat am Freitagmittag begonnen, das unbewohnbare Haus abzutragen. Es soll durch eine Baufirma komplett abgerissen werden.
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Spenden-Hotline
Für die Bewohner des Hauses in der Quedlinburger Reichenstraße, die durch den Brand alles verloren haben und vor dem Nichts stehen, hat die Mitteldeutsche Zeitung einen Hilferuf gestartet und bittet um Spenden. Wer helfen möchte, kann sich am Samstag, 9. Dezember, bei der MZ Logistik GmbH, 03946/5 28 33 15, von 9 bis 12 Uhr melden, ab Montag 6 bis 16 Uhr.
Insgesamt kamen 80 Kameraden der Feuerwehr zum Einsatz, um den Brand zu löschen. Vor Ort waren die Feuerwehren aus Quedlinburg, Gernrode, Ditfurt, Rieder und Thale, außerdem das THW Quedlinburg, mehrere Rettungswagen, zwei Notärzte und die Schnelle Einsatzgruppe der Feuerwehr Thale sowie mehrere Funkstreifenwagen. (mz)

