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Berlin steht an der Tresortür, doch ein Franz Jäger ist es nicht

Von GERD ALPERMANN 10.12.2009, 16:04

QUEDLINBURG/MZ. - Doch Schätze verbergen sie nicht, sonst würde die Stadt schließlich keinen Schuldenberg haben, sondern im Untergrund aus dem Vollen schöpfen können. Während die rechte Pforte bald endet, da der Gang durch eine weitere verschlossene Tür versperrt ist, denn dort führt der unterirdische Weg zum Ratskeller, ist durch die rechte Pforte die städtische Unterwelt des Rathauses zu "entdecken".

Unter den Amtsstuben fand sich zu DDR-Zeiten die Kantine des Rathauses. So wie fast jede öffentliche Institution ihren Speiseraum hatte, wurde auch hier für belegte Brötchen, Bockwurst und Kaffee gesorgt. Heute zeugt davon noch die obligatorische Durchreiche, ansonsten wurden Zwischenwände eingezogen und so wird der Bereich als Abstellraum genutzt. Verlaufen kann sich im Untergrund sicher keiner, aber labyrinthartig verzweigen sich die Gänge schon. Eine schwere Stahltür bleibt den Blicken verschlossen. Dahinter befand sich früher der Kohlenkeller, erklärt Michael Busch, der Leiter des Stadtratsbüros. Doch heute ist der Zutritt verwehrt, weil dort, wo es früher rußte, die Gebührenbescheide lagern. Mindestens zehn Jahren müssen die aufbewahrt werden.

Um die Ecke ist dann wieder eine verschlossene Tür, die zum Ratskeller führt. Also geht es den selben Weg zurück, doch diese Tür ist noch wichtig, nicht die Tür natürlich, aber was sich dahinter befindet. Von hier aus werden Telefon- und Kommunikationsleitungen gesteuert, auch zwischen den einzelnen Häuser der Stadtverwaltung. Einige Meter weiter haben die beiden Hausmeister ihr Domizil, zu deren Aufgabe auch die Überwachung der Heizungsanlage gehört.

Noch einige Schritte weiter wird es doch noch interessant. Zwei grün gestrichene Türen mit Gucklöchern weisen darauf hin, dass sich hier zwei Arrestzellen befanden. Als das Rathaus noch die Gerichtsbarkeit ausübte, soll es mehrere Gefängnisverliese dort gegeben haben, in denen Übeltäter und Schuldner eingeschlossen worden sind. Heute lässt sich das eigentlich nur noch erahnen, denn sie sind zu Lagerräumen geworden. Eisenfesseln und andere Gefängnis-Utensilien sind längst verschwunden.

Ganz zum Schluss, in Richtung Marktkirche, ist kurz vor dem inneren Aufgang linkerhand eine Tresortür zu sehen. Zwei Schlüssel sind notwendig, um sie zu öffnen, ein Schloss in halber Höhe, eins deutlich darüber. Auch das typische Drehrad eines Franz Jäger Berlin befindet sich dort und sogar der Schriftzug Berlin ist auf der Tür zu finden sowie vier Buchstaben C.AB.E, Folglich handelt es sich doch nicht um eines der berühmten Tresorfabrikate, die von der Olsenbande so geliebt werden. Als in der Stadtkasse noch Bargeld angenommen und ausgeben wurde, zum Beispiel für die Sozialhilfe, war da wirklich was zu holen. Heute lagern aber nur Wahlunterlagen hier. Sicher verwahrt, doch ohne Nutzen für eine solide Arbeit mit Talkum, Gummihandschuhen und Stethoskop.