Ausstellung im Schlossmuseum Ausstellung im Schlossmuseum : Zeitzeugen kommen ins Rampenlicht

Quedlinburg - Die Aufnahme vom Nordturm der Stiftskirche, entstanden Ende der 1940er Jahre, als die rheinischen Hauben ausgetauscht wurden, das ist seine liebste, sagt Christian Müller. Der Sammlungsleiter der Städtischen Museen Quedlinburg würde sie gerne zeigen. „Die Dachdecker stehen da auf den vereisten Dachlatten“, erzählt er, und sein Blick schweift dabei durch den größten der drei Ausstellungsräume im Schlossmuseum.
Doch das Foto, fertig gerahmt, mit weißem Passepartout, steht wohl noch in einer der Kisten, während viele andere Bilder bereits ausgepackt und da an die Wand gelehnt sind, wo sie in wenigen Tagen hängen werden. Der Aufbau der Ausstellung, die am Sonnabend, 29. Oktober, jenem Tag, an dem der Quedlinburger Fotograf Heinz Kittel 100 Jahre alt geworden wäre, ihm zu Ehren eröffnet wird, fordert Zeit.
Zeit und Herzblut investieren die Kuratoren der Ausstellung - neben Christian Müller gehören die Museologin Annette Jürgens-Schlegel und der Fotograf Chris Wohlfeld dazu -, seit Ende vergangenen Jahres die Entscheidung gefallen ist, dem Stadtsohn mit einer Geburtstagsausstellung ein Denkmal zu setzen. Der freilich aufwendigste Part bestand darin, eine Auswahl zu treffen. Kittel hat Tausende Fotos und Negative hinterlassen. „Das war nicht einfach“, sagt Annette Jürgens-Schlegel, „stichprobenartig haben wir die Negative gesichtet, um uns erst mal einen Überblick zu verschaffen.“
Bilder reservieren
Die Wahl fiel schließlich auf 60 Schwarz-Weiß-Fotografien, Zeugen der Vergangenheit - einige sind im Theater entstanden, andere dokumentieren den Alltag oder zeigen ein Stück Quedlinburg, wie es mal war. Christian Müller tippt auf eines der Bilder, „eine Schlossansicht, wie sie kaum einer mehr kennt“, ist doch im Vordergrund eine Kindertagesstätte zu sehen - dort, wo heute Autos stehen, auf dem Carl-Ritter-Platz. Sie sei einst als Provisorium eingerichtet worden, so der Sammlungsleiter.
Das Motiv ist eines von vieren, die ab Ausstellungsbeginn neben einer Broschüre als Postkarte erhältlich sein werden. Auch die Bilder, die gerade aufgehängt werden - samt schwarzem Rahmen -, stehen dann zum Verkauf. Darüber hinaus gibt es noch eine Auswahl an Fotos, die es nicht in die Ausstellung geschafft haben, den Kittel-Freunden aber nicht vorenthalten werden sollen.
Die Bilder können bereits, während die Ausstellung läuft, reserviert werden. „Wer einen Kittel haben möchte, sollte es sich also rechtzeitig überlegen“, sagt Christian Müller. Auch weil er und seine Mitstreiter mit einer ungleich höheren Resonanz als bei anderen Ausstellungen rechnen. Salopp ausgedrückt: „Kittel wird so einige vom heimischen Sofa locken.“ „Viele haben Erinnerungen an Kittel“ oder dürften Bekannte und Bekanntes auf den Fotos der Ausstellung finden, erklärt Annette Jürgens-Schlegel, die auf einem Foto ihr Haus entdeckt hat. Im Vordergrund die Krankenschwestern aus der Klinik - sie marschieren vorbei. 1959 war das, zum 10. Jahrestag der DDR.
Mit dem Verkauf der Bilder, Postkarten und Broschüren verfolgen die Ausstellungsmacher ein Ziel: „Wir wollen die Digitalisierung der gesamten Sammlung vorantreiben“, erklärt Annette Jürgens-Schlegel. Weil es ihnen eine Herzensangelegenheit sei. Und weil Kittels Lebenswerk der Nachwelt in seiner ganzen Pracht erhalten bleiben müsse. Schon demnächst sollen Kittels Filme digitalisiert werden, um sie noch zeigen zu können, so lange die Ausstellung läuft. Geplant ist der Kinoabend mit Kittelfilmen im Januar.
Die Schau selbst, in der unter anderem auch Kameras und der Meisterbrief Kittels ausgestellt sind, ist vorerst bis zum 31. März zu sehen. Bei entsprechender Nachfrage, so Christian Müller, wird sie verlängert. Am Sonnabend geht es aber erst mal los. Einlass ist ab 18.45 Uhr. Im Barocksaal werden um 19 Uhr die Gäste begrüßt. Neben Oberbürgermeister Frank Ruch (CDU) hat sich auch Reinhard Kittel mit Familie angekündigt. (mz)


