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25 Jahre Einheit in Quedlinburg 25 Jahre Einheit in Quedlinburg: Neumann: Aufbruchgeist der Wende abhanden gekommen

Von Detlef Horenburg 03.10.2015, 14:45
Professor Manfred Neumann hielt die Festrede zum Tag der Deutschen Einheit in Quedlinburg.
Professor Manfred Neumann hielt die Festrede zum Tag der Deutschen Einheit in Quedlinburg. Jürgen meusel Lizenz

Quedlinburg - Wie in vielen Städten im Land wurde am Sonnabend auch in Quedlinburg dem 25. Jahrestag der Deutschen Einheit gedacht. Während die Stühle für die Bürger im Rathaussaal bis auf den letzten Platz besetzt waren, klaffte allerdings so manche Lücke in den Reihen der Stadträte. Von 31 Stadträten waren nur 16 erschienen, sechs hatten sich laut Ratsbüro im Vorfeld entschuldigt. Beispielsweise waren die Fraktionen von CDU und Bündnisgrünen nahezu geschlossen anwesend. „Die Fraktion Die Linke ist nicht erschienen“, informierte Stadtratsvorsitzende Sylvia Marschner. Sie erinnerte in ihrer Begrüßung die Quedlinburger, Gernröder und Bad Suderöder daran, dass mit der Wende u.a. in diesen Orten der weitere Verfall der Bausubstanz gestoppt werden konnte. Das machte den Weg frei, dass Quedlinburg heute eine aufblühende Welterbestadt ist.#bigimage

Als Festredner konnte Manfred Neumann gewonnen werden. Neumann forschte seit den 70er Jahren an dem traditionsreichen Züchtungsstandort Quedlinburg. Der Professor war von 1996 bis zu seiner Pensionierung 2004 Leiter der Bundesanstalt für Züchtungsforschung an Kulturpflanzen (BAZ), dem späteren Julius-Kühn-Institut. Er habe, so würdigte die Stadtratsvorsitzende Neumanns Verdienste um die Stadt, großen Anteil daran, dass der Forschungsstandort in Quedlinburg und somit viele Arbeitsplätze gesichert werden konnten. Neumann prägte auch die Bürgerbewegung in Quedlinburg vor 25 Jahren mit. Später engagierte er sich am Runden Tisch der Stadt. Für Quedlinburgs Oberbürgermeister Frank Ruch (CDU) stand deshalb fest, dass es keinen würdigeren Festredner geben konnte. „Es war mir klar, dass seine Rede keine Geburtstagtorte nur aus Buttercreme sein wird, sondern er uns auch bittere Pillen verabreichen wird“, sagte er nach der Rede.

Amüsante Episoden aus der Wendezeit

Neumann bereicherte seinen Rückblick mit vielen amüsanten Episoden, wie er die Wendezeit erlebte. Dabei würdigte er immer wieder den Verdienst der Ostdeutschen. „Damals gingen nach den Friedensgebeten mehr Menschen auf die Straße als zu der 1. Mai-Feier oder zum Tag der Republik“, betonte er. Die Stimmung sei gelöst und besonnen gewesen. „Manchmal wünsche ich mir heute diese Stimmung zurück.“ Allein die Ostdeutschen hätten das Tor zur Freiheit selbst aufgestoßen und somit die Voraussetzungen der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten geschaffen. Deshalb seien die Menschen hier - trotz vieler Probleme - nicht die Verlierer der Einheit, sondern die Sieger. So wurde damals friedlich und diszipliniert eine Revolution ohne Waffengewalt durchgeführt, die „einmalig in der Menschheitsgeschichte“ war. Über Nacht hätten sich für die gesamte DDR-Bevölkerung die Lebensverhältnisse „total geändert“. Dagegen seien diese für 50 Prozent der Bevölkerung in den alten Bundesländern gleich geblieben, wie er die Statistik bemühte. Dennoch sei die Wirtschaftskraft in Ostdeutschland in den zweieinhalb Jahrzehnten gestiegen.

Allerdings sei die Zufriedenheit der Bürger nicht mitgewachsen, bedauerte er und kritisierte: „Der Geist von vor 25 Jahren ist uns abhanden gekommen.“ Es fehle die lebensbejahende Aufbruchstimmung in der Gesellschaft. Eher werden Probleme ausgemacht, als sich über das Erreichte zu freuen. Neumann schlug auch den lokalen Bogen. Die Bürger von Quedlinburg, Gernrode und Bad Suderode seien jetzt aktuell gefordert, eine Einheit zu schaffen, um gemeinsam Gewinner der Kommunalreform zu sein. Dabei seien alle Bürger aufgerufen, sich daran zu beteiligen. Sie sollten nicht darauf hoffen, „dass das Glück einer Stadt im Rathaus entschieden wird.“ (mz)

Ehrung für langjährige Stadträte im Auftrag des Städte- und Gemeindebundes: (v.l.n.r.) Oberbürgermeister Frank Ruch und Stadtratsvorsitzende Sylvia Marschner gratulieren Udo Sporleder, Christian Schickardt und Detlef Kunze.
Ehrung für langjährige Stadträte im Auftrag des Städte- und Gemeindebundes: (v.l.n.r.) Oberbürgermeister Frank Ruch und Stadtratsvorsitzende Sylvia Marschner gratulieren Udo Sporleder, Christian Schickardt und Detlef Kunze.
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25 Jahre Einheit in Quedlinburg: Während die Sitzplätze für die Bürger im Rathaussaal bis auf dem letzten Platz besetzt waren, klaffte allerdings so manche Lücke in den Reihen der Stadträte.
25 Jahre Einheit in Quedlinburg: Während die Sitzplätze für die Bürger im Rathaussaal bis auf dem letzten Platz besetzt waren, klaffte allerdings so manche Lücke in den Reihen der Stadträte.
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