Wie Berlin einen Naumburger würdigt
BERLIN/NAUMBURG. - Der am 23. Dezember 1810 in Naumburg geborene Carl Richard Lepsius gilt mit seinen wissenschaftlichen Leistungen nicht nur als Mitbegründer der modernen Ägyptologie, ihm ist es ebenso zu verdanken, dass Berlin mit dem Neuen Museum ein Haus von Weltgeltung besitzt. Zum 200. Geburtstag des Forschers ist im dortigen Ägyptischen Museum noch bis 20. März die Sonderausstellung "Wegbereiter der Ägyptologie - Carl Richard Lepsius - 1810 bis 1884" zu sehen.
"Alle deutschsprachigen wissenschaftlichen Institutionen, in denen dieser große Universalgelehrte gewirkt hat, sehen sich in der Pflicht, jenes Mannes zu gedenken. In diesem Reigen dürfen das Ägyptische Museum und die Papyrussammlung zu Berlin nicht fehlen, zumal Lepsius zum zweiten Direktor des Hauses ernannt wurde und maßgeblich an der Ausgestaltung des Neuen Museums mitgewirkt hat, wovon sich der heutige Besucher aufgrund der noch erhaltenen Wand- und Deckenmalereien überzeugen kann", so Museumsdirektorin Friederike Seyfried.
Bereits im Foyer des im September 2009 wiedereröffneten Museums begrüßt der gebürtige Naumburger die Besucher. Mit einer Bildtafel weist er den Weg in den Raum "Prolog". In ihm sowie im Raum 004, der sich im Untergeschoss befindet, wird die Lepsius-Sonderausstellung gezeigt. Sie beinhaltet im ersten Raum unter anderem das von Lepsius während der Ägypten-Expedition geführte Tagebuch, ein vom Maler Max Weidenbach angelegtes Skizzenbuch sowie mehrere Erstausgaben von Büchern, die Ergebnisse der Forschungsreise auswerten und darstellen. Komplettiert wird die Präsentation mit der 1870 von Johann Friedrich Drake geschaffenen Lepsius-Büste sowie dem kolorierten Stich nach einer Zeichnung von Ernst Weidenbach. Er zeigt die Expeditionsteilnehmer, wie sie am Geburtstag Friedrich Wilhelms IV. auf der Cheopspyramide die preußische Fahne schwenken. Beachtenswert ist auch ein Siegelring. Im Begleitblatt zur Ausstellung heißt es: "Als Anerkennung ihrer Verdienste ließ Friedrich Wilhelm IV. für alle Teilnehmer der Expedition jeweils einen Siegelring mit dem Namen in Hieroglyphenschrift anfertigen."
Das Siegelringmotiv weist innerhalb des Museums auf weitere Bezüge zu Lepsius hin. So auf die um 2450 vor Christus entstandene Opferkammer des Merib, die im Raum "Ewiges Leben" ausgestellt ist. Der Betrachter kann durch sie hindurchschreiten und damit den Eindruck gewinnen, er sei einer der Expeditionsteilnehmer. Der Ausstellungskatalog vermerkt dazu: "Die Opferkammer war die erste von drei Kammern, die Lepsius für den Abbau und Transport nach Berlin aussuchte. Merib wurde als Königssohn bezeichnet, daher war er für Lepsius, der die königlichen Genealogien vervollständigen wollte, besonders interessant." Auf dem Weg zum Untergeschoss lohnt es sich, im Ägyptischen Hof zu verweilen. Mit ihm regte Lepsius an, die Exponate nicht in karger wissenschaftlicher Darstellung, sondern in einer besonderen, den Besucher ergreifenden Atmosphäre zu präsentieren.
So zierten den Hof 16 farbenprächtige Kopien altägyptischer Papyrussäulen, zeigten Wandbilder Landschaften und Tempelruinen. Wie das gesamte Gebäude des Neuen Museums wurde auch der Ägyptische Hof im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt. Allerdings blieben drei der ursprünglich 17 Bilder erhalten. Der Architekt David Chipperfield, der die Planung des Wiederaufbaus des Museums übernahm, integrierte sie in die Neugestaltung des Hofes. Im zweiten Raum der Sonderausstellung fällt zunächst das von Reinhold Lepsius 1908 im Auftrag der Königlichen Bibliothek gemalte Lepsius-Bildnis auf.
Es korrespondiert mit anderen Darstellungen, so der 1844 von Ernst Weidenbach gefertigten Zeichnung "Lepsius auf dem Dromedar reitend". Ausgestellt sind außerdem das vom Architekten und Geodäten Georg Erbkam 1842 geführte Feld-Skizzenbuch, Zeichnungen Erbkams - so ein Situationsplan des Pyramidenfeldes von Giseh - sowie von Ernst Weidenbach 1844 in Theben gezeichnete Darstellungen. Der zweite Ausstellungsraum rückt zudem den Universalgelehrten Carl Richard Lepsius in den Blick. So dessen sprachwissenschaftliche Forschungen. Dazu ließ Lepsius beispielsweise die 1844 in Nubien gefundene Grabstele des Maran Koudja nach Berlin bringen. Sie enthält eine koptische Inschrift.
Ebenso eindrucksvoll ist der Barkensockel des Natakamani und der Amanitore, der ebenfalls 1844 in Ben Naga gefunden wurde. Ihn zieren zweisprachige Inschriften. Hilfsmittel, die während der Expedition genutzt wurden - unter anderem ein um 1840 gefertigter Theodolit oder eine Daguerreotypiekamera - vervollständigen die Palette.
Insgesamt erschließen sich dem Besucher der Ausstellung die unterschiedlichen Facetten der wissenschaftlichen Tätigkeit Carl Richard Lepsius'. Dessen Urenkel Rainer Lepsius, der in Naumburg während einer Festveranstaltung das Werk seines berühmten Vorfahren gewürdigt hatte (Tageblatt / MZ berichtete), schreibt in seinem Geleitwort zur Schau: "Dass das Ägyptische Museum Carl Richard Lepsius durch eine Sonderausstellung ehrt, ist für mich ein Anlass der Freude und des Dankes."