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Himmelsscheibe Wer gab Sternen die Namen?

Nach coronabedinger Pause starten in der „Arche Nebra“ wieder die beliebten Themenabende. Beim ersten geht es um die Wurzeln der Astronomie.

Von Gisela Jäger Aktualisiert: 29.09.2021, 11:42
Arche-Mitarbeiterin Annette Börner (M.) begrüßt die beiden Referenten des Themenabends, Susanne M. Hoffmann  und Lutz Popko.
Arche-Mitarbeiterin Annette Börner (M.) begrüßt die beiden Referenten des Themenabends, Susanne M. Hoffmann und Lutz Popko. Foto: Gislea Jäger

Kleinwangen - Endlich wieder konnte in der „Arche Nebra“ ein Themenabend stattfinden. Gleich zwei gut besuchte Vorträge widmeten sich im Himmelscheibenzentrum in Kleinwangen den unendlichen Weiten des Sternenhimmels mit der Namensgebung von Sternenbildern und dem Spannungsbogen zwischen dem Beginn astronomischer Himmelsbeobachtung in den antiken Kulturen des Mittelmeerraums sowie des Babylonischen Reiches und den daraus geknüpften astrologischen Mythen. „Es geht um die Wurzeln der Astronomie als Wissenschaft. In zwei Vorträgen geht es auf Spurensuche in den Vorderen Orient und das alte Ägypten“, begrüßte „Arche“-Mitarbeiterin Annett Börner die Gäste des Themenabends „Wer gab den Sternen ihre Namen?“

Renommierte Referenten

Dieser Fragestellung widmeten sich die beiden Referenten Susanne M. Hoffmann (Fusion Group Heinz-Nixdorf-Professur für verteilte Informationssysteme, Uni Jena) und Lutz Popko, der seit 2005 wissenschaftlicher Mitarbeiter der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig und Dozent am Ägyptologischen Institut der Universität Leipzig ist. In der Pause zwischen den Vorträgen stand für die Gäste der gut besuchten Veranstaltung ein Imbiss bereit. Außerdem bot sich die Möglichkeit zum Blick in die aktuelle Sonderschau „Sternensucher - Von der Himmelsscheibe bis zur Rosetta-Mission“.

Die Astronomin und Wissenschaftshistorikerin Susanne Hoffmann lud zu einer geistigen Reise durch Raum und Zeit ein und betrachtete die Vergangenheit mit ihren verschiedenen glaubenskulturellen Einflüssen und Interpretationen. Sie unternahm eine Spurensuche zu den Wurzeln der modernen Wissenschaft. Die Faszination der zyklisch auf- und abtauchenden festen und wiedererkennbaren Sternenkonstellationen reicht auf über 5.000 Jahre zurück. Gedankliche Verbindungslinien zwischen den hellen Fixsternen führte letztlich zu Sternenbildern und denen frühzeitiger Namensgebung.

Susanne Hoffmann stellte in diesem Zusammenhang die griechischen Welt- und Sternenbilder den babylonischen gegenüber und berichtete über die Weiterentwicklung unter der Herrschaft der ägyptischen Pharaonen und späteren Einflüssen und Interpretationen der Römischen Reiches bis hin zur christlichen Neuzeit. In Verbindung mit der Beobachtung der Mondphasen, des Verlaufs des Sonnenjahres und komplizierter Berechnungen flossen die Beobachtungen in kalendarische Festlegungen und die Deutungen über das Weltbild ein.

Konkretes Wissen verschmolz mit sagenhaften Mythen und Himmelswesen, aus denen religiöse Vorstellungen mit der entsprechenden Götterwelt resultierten. Der Sternenhimmel des Nordens im Jahresverlauf wurde bereits rastermäßig erfasst und die Tierkreiszeichen entwickelt. Jede Kultur gab ihre eigenen Namen. Die Begriffe änderten sich, wurden angepasst.

Ziegenfisch wird Steinbock

So mutierte der babylonische Ziegenfisch zum Steinbock, aus ursprünglich 17 Tierkreiszeichen wurden schließlich zwölf. Das Wissen blieb in Keilschrifttafeln des babylonischen Reiches, aus ägyptischen sowie griechisch-römischen Aufzeichnungen damaliger Gelehrter erhalten. Eine Ordnung und Systematisierung erfolgte durch die 1919 gegründete Internationale Astronomische Union (IAU). Ihre Mission ist es, die Wissenschaft der Astronomie in all ihren Aspekten durch internationale Zusammenarbeit zu fördern und zu schützen. Seit ihrer Gründung ist es eine der Aktivitäten der IAU, die Nomenklatur von Himmelsobjekten in der internationalen astronomischen Gemeinschaft zu standardisieren. Auf ihrer Gründungsversammlung 1922 in Rom standardisierte die IAU deshalb die Sternbildnamen und Abkürzungen.

Ins pharaonische Ägypten

Im zweiten Vortrag des Abends ging es speziell ins pharaonische Ägypten. Der Ägyptologe Lutz Popko gab Einblicke in die Himmelsbeobachtungen und -interpretationen im alten Ägypten. Diese sind aus Darstellungen und Texten in Tempeln, Gräbern und Papyri überliefert, so der Tierkreiszeichen im Tempel von Dendera um 100 v. Ch. Von ersten archäologischen Zeugnissen in der Westwüste des heutigen ägyptischen Territoriums bis hin zur Übernahme von Horoskopen und dem Tierkreiskalender in der griechisch-römischen Epoche spannte Popko einen weiten Bogen der Beschäftigung mit Himmelsphänomenen.

Er stellte die Himmelsgöttin Nut als Personifizierung der Milchstraße vor und zeigte, wie die Ägypter mit pharaonischem Kalender und Dekan-Sternuhren Herrscher über die Zeit wurden. Dass aus vielen dieser Beobachtungen und Berechnungsmodellen in Verbindung mit dem Stern „Sirius“ die Ägypter sehr präzise den Zeitpunkt der nächsten Nilflut und andere Ereignisse vorhersagen konnten, steht bezeichnend für diese Hochkultur. Im Anschluss wurde die Möglichkeit rege genutzt, weitere Fragen an die beiden Referenten zu stellen.