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Wenzel vom 3. Juni Wenzel vom 3. Juni: Kuriose Gedenktage

03.06.2014, 08:13
Hendrik Bobbe ist Literaturwissenschaftler und liest gern, auch den Wein.
Hendrik Bobbe ist Literaturwissenschaftler und liest gern, auch den Wein. gudrun Schröder (archiv) Lizenz

Seine Weine gehörten zu den großen Überraschungen der Großen Gemeinsamen Jungweinprobe in diesem Jahr in Freyburg. Hendrik Bobbe stellte eine durchweg gelungene Kollektion vor. Überraschend für mich, weil ich einen der Weinberge, wo der gelungene Müller-Thurgau, der da in meinem Glase funkelte und alles bot, was ein guter Müller haben muss, kurz vor der Ernte gesehen hatte. Und der damalige Zustand ließ nicht vermuten, dass es hier überhaupt einen Ertrag oder Wein geben wird. Sehr anständig präsentierten sich in Freyburg auch seine Silvaner von den Steigraer Hahnenbergen oder der Gutedel aus Burgwerben.

Beim Lesen liegt die Weinlese nahe

Bobbe Jungwinzer zu nennen, ist trotz Jahrgang 1974 legitim, denn erst spät erreichte ihn die Berufung zum Winzer. Sein durchaus witziger Internet-Auftritt verblüfft nicht nur mit seinem Motto, das diesen Beitrag überschreibt, sondern auch mit sparsamen aber gut gemachten Texten. „Das Lesen liegt mir als Literaturwissenschaftler schon immer am Herzen. So lag der Sprung zur Weinlese nicht fern“, ist da zu lesen. Literaturwissenschaft hat er in Erfurt studiert, später Germanistik in Halle. Dort ist er auch geboren, aufgewachsen aber in Reinsdorf, wo die Eltern als Pfarrer tätig waren. Hendrik Bobbe verschlug es unter anderem zur Erfurter Film-Produktions-Firma, die derzeit als Savidas firmiert.

Fragt man andere Winzer über Hendrik Bobbe aus, kommt oft das Bild eines Suchenden dabei heraus, der bislang nicht angekommen ist. Nach einem erfolglosen Gespräch über neue Jobs hielt er auf der Heimfahrt spontan bei Bernard Pawis an. Den Wein hatte er als Konsument längst ins Herz geschlossen, warum nicht versuchen, sein Entstehen zu erlernen? Und so fragte er in Zscheiplitz nach einer Lehrstelle. Mit 34. 2008 bis 2010 war das. Die Schulbank drückte er gemeinsam mit Marika Böhme, was noch Folgen haben sollte. 2009 pachtete er seinen ersten eigenen Berg. Zumindest im Weinberg, glaubte er, schon genug gelernt zu haben. 500 Quadratmeter in den Steigraer Hahnenbergen. Portugieser und Silvaner standen dort. Seinen ersten Jahrgang kelterte er 2010 bei Frank Böhme in Gleina. Die Bekanntschaft zu Marika hatte sich ausgezahlt. Und auch die Bekanntschaft Heinz Kellers mit dem Hause Pawis brachte ihm neue Betätigung nach der Zeit bei Pawis. Keller brachte Bobbe und den damaligen Chef und Gründer des Chemieparks Bitterfeld, Jürgen Preiss-Daimler, zusammen.

Der hatte sich in Karsdorf einen Weinberg zugelegt und suchte jemanden, der ihn bearbeitet. Das macht jetzt Johannes Beyer. Aber für Bobbe blieb jene schon erwähnte 1000 Quadratmeter große Fläche nebenan. Mit Müller-Thurgau. Auch Dornfelder kann man bei Bobbe verkosten. Der stammt aus dem Jahr 2012, als er für ein Jahr eine Fläche in Freyburg betreute, die er als Freyburger Schlossberg bezeichnet. Blieben Gutedel, Silvaner und Weißburgunder, die von der Lage Burgwerbener Herzogsberg stammen. Hier kauft er die Trauben von einem Freund zu.

Nun also die Umfirmierung des bisherigen Weinhauses Bobbe in Weingut Bobbe. Eigentlich ein Vorgriff, denn noch steht kein Keller, in dem er seine Trauben selbst verarbeiten kann. Aber der Plan immerhin steht. In einer Scheune nahe beim alten Pfarrhaus, das die Familie nach dem Ende der Reinsdorfer Pfarrstelle kaufte, steht eine Scheune, die zum Keller werden soll. Im Juli soll es losgehen. Bobbe glaubt, inzwischen auch im Keller genug gelernt zu haben. Auch die Notwendigkeit der Pflege der kranken Eltern beförderte den Schritt, zu Hause arbeiten zu wollen. So endete sein Intermezzo bei der Winzervereinigung in diesem Jahr schon nach drei Wochen.

Verkostung in Straußwirtschaft

Ob dieses Unstete im Leben des Jung-Winzers nun ein Ende findet – man wird sehen. Seine Frau, die als Physiotherapeutin in Halle arbeitet, und die beiden vier und fünf Jahre alten Kinder dürften Halt geben und Kraft, das gewagte Unterfangen anzugehen. Der halbe Hektar, auf dem er sich derzeit tummelt, wird da nicht reichen, und es braucht eine gute Begleitung durch eine Bank, das zu schaffen.

Wer Bobbes Weine probieren möchte, hat seit Donnerstag in der Straußwirtschaft Gelegenheit. Oder kann sie übers Netz ordern oder im „alten Konsum“ in Reinsdorf. Selbst in der „Gourmetage“ in Leipzig und Erfurt ist er seit der Freyburger Verkostung gelistet. Dort will er auch Verkostungen anbieten. Immer gekoppelt mit einer Lesung. Das ist er sich schuldig.