Wenzel vom 21. Februar Wenzel vom 21. Februar: Auf Entdeckungstour

naumburg - Das Wort Versteigerung hat beim Thema Immobilien einen schlechten Klang: Schulden, Pleite, Zwangsversteigerung. Doch mit diesen Dimensionen sieht sich der Jenaer Unternehmer Martin Heinz nicht konfrontiert. Und doch lässt Heinz in Leipzig am 1. März, 11 Uhr, seine Naumburger Immobilie Wenzelsgasse 29, den Sitz des Nachtclubs „Terminhaus Casanova“ und damit den Arbeitsort von täglich acht Frauen, versteigern. Startpreis: 120 000 Euro. „Ich rechne aber damit, dass das Haus für etwa 200 000 bis 220 000 Euro über den Tisch geht.“ Immerhin handelt es sich um einen der ältesten Nachtclubs Sachsen-Anhalts mit 20-jähriger bewegter Geschichte.
Angeblich vier Interessenten
Heinz will mit dem Geld ein neues Luxus-Etablissement nahe Weimar bauen. Warum er das Haus versteigert? Er habe bereits jetzt vier Kauf-Interessenten. „Und wenn ich an einen verkaufe, bekomme ich Ärger mit dem nächsten. So kann jeder bieten, so viel er will.“ Das Terminhaus- und Nachtclubgeschäft werde von einer möglichen Versteigerung nicht betroffen sein. Heinz: „Hier bleibt alles, wie es ist. Egal, wer das Haus bekommt. Als Terminhaus-Casanova GmbH haben wir einen Mietvertrag bis zum Jahr 2023.“
Runde 40000 Euro Miete im Jahr
Der hohe Verkaufspreis, den sich Heinz erhofft, hat nur wenig mit dem Wert des etwas heruntergekommenen Gebäudes zu tun, sondern mit der Rendite, die die Räume abwerfen. Rund 40 000 Euro sind als jährliche Miete veranschlagt. Woher das Geld kommt? „Die Mädchen arbeiten hier selbstständig und können das Geld ihrer Gäste behalten. Sie zahlen aber eine tägliche Miete für ihr Zimmer“, so Heinz. Als Nachtclub-Standort ist die Wenzelsgasse 29 wohl den meisten Naumburgern ein Begriff. Obwohl darin das „Lord Nelson“ Anfang der 90er zunächst kein solcher war, sondern eine Art English-Pub. „Wir haben das Lord Nelson als Restaurant eröffnet“, erinnert sich Igor Wolostnych im Gespräch mit unserer Zeitung. Der heutige Inhaber eines Hotels in Querfurt eröffnete damals zusammen mit Mario Voss nicht nur die „Kanzlei“ am Markt oder das „Köpi“ in der Engelgasse, sondern auch das „Lord Nelson“. Damalige Differenzen mit dem Hausbesitzer, der später auch die Salzhofpassage groß aufzog und - laut Martin Heinz - eine Million D-Mark allein in die Wenzelsgasse 29 steckte, ließen Wolostnych und Voss aber bald aussteigen. „Danach hat es der Koch noch eine Weile als Restaurant betrieben, ehe später Mc Larsky einstieg und das Lord Nelson zu einem Nachtclub wurde“, sagt Igor Wolostnych.
Verurteilung und GSG-9-Einsatz
Der aus Polen stammende frühere Betreiber, bekannt unter dem Namen „Mc Larsky“, wurde für eine Weile zu einer bestimmenden Figur der Naumburger Bordell- und Nachtclub-Szene. Etablissements gab es seit der Wende nahe der Esso- sowie der Aral-Tankstelle, auch im Uta-Center, später im Spechsart und für lange Zeit in der Bahnhofstraße. Fast alle Schlagzeilen aus diesen Häusern waren negativ. Menschenhandel an erster Stelle genannt. Unter anderem deswegen wurde „Mc Larsky“ 2006 auch zu drei Jahren und sieben Monaten Haft verurteilt. 2001 wurden in Naumburg sogar bei einem bundesweiten GSG-9-Einsatz drei zentrale Figuren einer weißrussischen Schleuserbande festgenommen.
Trotz „Mc Larskys“ Verurteilung und seinem schlechten Ruf sieht sich Martin Heinz „in gewisser Form“ als dessen Nachfolger. Aber: „Was er gemacht hat, war eben nicht legal. Heute ist alles, was wir machen, völlig sauber und vom Gesetzgeber geregelt“, so Heinz, der zudem das „Happy Eden“ in Eisenberg betreibt. Auch dort heißt es vonseiten der Polizei, dass es keine Probleme gebe.
Stadt will „Puff weghaben“
Deutlich skeptischer sieht die Stadtverwaltung das Treiben in der Wenzelsgasse. Andreas Rüb vom Ordnungsamt war nach Lärm-Beschwerden von Anwohnern Ende 2013 vor Ort. „Die untere Etage wurde uns als Schankwirtschaft, die obere als Hotel angegeben. Geglaubt haben wir das natürlich nicht. Unten kommt man ja nur durch Klingeln herein.“ Man werde als Stadt versuchen, „den Puff dort wegzuhaben“, sagt Rüb und verweist auf ein Verbot solcher Einrichtungen in der Innenstadt. „Genau dieses gibt es aber schriftlich - im Gegensatz zu Gera oder Weimar - in Naumburg nicht“, behauptet „Casanova“-Besitzer Heinz. Die städtische Fachbereichsleiterin Kirsten Wilke stellt jedoch klar: „Auch wenn es anders angegeben wird. Dort drin wird ein Bordell betrieben, und das ist laut unserer Bau- und Nutzungsverordnung in einem Wohngebiet nicht erlaubt.“ Man habe Betreiber Martin Heinz bereits eine Verkürzung der Sperrzeit auf 1 Uhr angedroht. Generelles Ziel bleibe es jedoch, den Betrieb in der Wenzelsgasse komplett aufzulösen. „Das merkt der Betreiber nun und lässt vielleicht auch deshalb jetzt das Haus versteigern“, vermutet Wilke.