Vor 100 Jahren Vor 100 Jahren: Blitz nimmt Weg im Treppenhaus
Der Juni 1908 war ein Gewittermonat. So schreibt das Naumburger Kreisblatt unter dem 4. Juni: "Bei dem Gewitter, das gestern abend etwa von 6 bis 8 Uhr über unsere Stadt zog, schlug der Blitz an mehreren Stellen ein, glücklicherweise ohne zu zünden. Der Blitz schlug ein in ein Gartenhäuschen hinter dem Schwurgericht, im Bahnhofsgebäude, in einem Hause der großen Marienstraße, in einen Schornstein der kleinen Fischgasse. Ferner traf der Blitz ein Haus an der Nordstraße. Am bedeutensten war die Wirkung in einem Hause der Martinstraße. Dort riß der Blitz eine Ecke des massiven Hauses weg, nahm seinen Weg durch das Treppenhaus und die Korridore, überall Löcher schlagend, zerstörte die elektrischen Klingelleitungen und trat dann wieder aus dem Hause, einen starken Schwefelgeruch zurücklassend. Sämtliche Anwesende waren wie betäubt, namentlich zwei Männer, die vor dem Unwetter im Hausflur Schutz gesucht hatten, waren gelähmt, erholten sich aber bald wieder." Schaden an Gebäuden entstand auch in Flemmingen, Eulau und Bad Kösen.
Über Restaurierungen in Memleben wird am 30. Juni berichtet. "Seit einiger Zeit ist man damit beschäftigt, die Krypta unter der alten Klosterkirche mit Beton neu einzudecken. Der alte Plattenbelag, welcher auf Anordnung König Friedrich Wilhelm IV. angebracht wurde, ist im Laufe der Zeit undicht geworden und das Regenwasser sickerte in die Krypta hinab, dort die noch schön erhaltenen Säulen und Kapitäle zerstörend. Die schönen Ruinen der alten Kaiserpfalz Memleben mit ihren unvergleichlichen Erinnerungen an die alte Kaiserzeit verdienen der Nachwelt noch recht lange erhalten zu bleiben." In Bad Kösen fand der Städtetag der Provinz Sachsen und des Herzogtums Anhalt statt. "In den Tagen vom 12. bis 14. Juni geben sich die Bürgermeister und sonstigen Vertreter der Städte unter 10 000 Einwohnern ein Stelldichein", schreibt dazu am 14. Juni das Kreisblatt.
Besonders erwähnt wird das umfangreiche Rahmenprogramm, das die Stadt Bad Kösen für die Gäste vorbereitet hat. "Großen Beifall fand bei diesen die Illumination der großen Promenade und des Inhalatoriums. Der Wasserfall unter der Davidsonhalle rauschte und beleuchtete Boote belebten die Saale. Eine gut besuchte Reunion bildete den Abschluß des zweiten Festtages. Am Sonntagvormittag fand ein Waldgottesdienst statt, der sehr gut besucht war, und am Nachmittag machte eine wohlgelungene Vorstellung im Kurtheater den Schluß des reichhaltigen, interessanten Vergnügungsprogramms zum Städtetage." Da sehr viele Ehefrauen der Beamten mit angereist waren, hatte Bad Kösen während der Tagung auch ein Damenprogramm vorbereitet. Rückschauend betrachtet das Kreisblatt am 2. Juni die Traubenernte 1907. Durch regnerische und kühle Witterung von Juni bis August konnten sich Schädlinge ausbreiten.
"Im August trat schöne warme Witterung ein, welche bis zur Lese Ende Oktober fortdauerte. Aber die Krankheiten, speziell die Blattfallkrankheit waren schon soweit fortgeschritten, daß nichts mehr zu retten war. Die allerfleißigsten Winzer konnten nur ein Zehntel Ernte einbringen, ungepflegte Weinberge brachten nicht eine Traube."