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Verloren Verloren: Glück im Unglück

04.04.2013, 08:02
Geherin Josephine Grandi aus Laucha - hier in Naumburg mit ihrem Paten Hagen Pohle - ist in ihrer Altersklasse in Deutschland konkurrenzlos.
Geherin Josephine Grandi aus Laucha - hier in Naumburg mit ihrem Paten Hagen Pohle - ist in ihrer Altersklasse in Deutschland konkurrenzlos. Philipp Pohle Lizenz

Laucha - Dieter Lindner, Max Weber, Horst Astroth, Peter Frenkel, Kathrin Boyde-Born, die Trautmann-Brüder Denis und Mike - bekannte Geher gab es in Naumburg und der Saale-Unstrut-Finne-Region in den vergangenen sechs Jahrzehnten zuhauf. Doch geblieben von dieser Hochburg dieser leichtathletischen Disziplin sind lediglich zwei traditionsreiche Wettkämpfe: das Straßengehen in der Domstadt und die Gleinaer „Schleife“. Lokalmatadoren, die dort an den Start gehen, gibt es seit Jahren schon nicht mehr.

Nun schwingt sich eine zwölfjährige Lauchaerin auf, diese großen sportlichen Traditionen der Olympiasieger und Medaillengewinner sowie WM-Teilnehmer wieder aufleben zu lassen: Josephine Grandi. Sie ist in ihrer Altersklasse in Deutschland konkurrenzlos, und nun hat sie bei einem Wettkampf in Lugano (Schweiz) auch internationale Konkurrenz, die meist zwei Jahre älter war, weit hinter sich gelassen. Mit 26:51 Minuten stellte die Schülerin des Burgenland-Gymnasiums Laucha über fünf Kilometer auch eine neue persönliche Bestzeit auf. Ihre Gegnerinnen aus Italien, Tschechien, Polen und Spanien hatten da keine Chance.

„Gerade dieser internationale Vergleich ist uns wichtig“, sagt ihr Vater Marino Grandi, der beim SV Halle auch ihr Trainer ist und weiß, wovon er spricht. Schließlich war der frühere Athlet des LGV Gleina mit Bestzeiten von 3:57 Stunden über 50 sowie 1:27 Stunden über 20 Kilometer einer der besten Geher der Bundesrepublik. Nach dem Ende seiner aktiven Laufbahn (2001) war Marino Grandi zwischenzeitlich Trainer von Sabine Zimmer beim SC Potsdam; inzwischen hat er sich mit seiner Frau und einer Physiotherapie in Laucha selbstständig gemacht und eine Honorarstelle als Gehertrainer in Halle angetreten. Drei Mal pro Woche fahren Vater und Tochter von Laucha nach Halle zum Training. Dort betreut Marino Grandi zusammen mit Helmut Stechemesser 15 bis 18 junge Geher im Alter von zwölf bis 16 Jahren. Und wenn es nach dem Willen des Coaches geht, soll Josephine keine „Einzelgängerin“ aus dem Burgenlandkreis bleiben. „Sollte es Interessenten aus Naumburg, Freyburg oder Laucha geben, nehmen wir die gern regelmäßig zum Training nach Halle mit“, so Marino Grandi.

Seine eigene sportliche Vergangenheit habe übrigens zunächst überhaupt keine Rolle gespielt bei seiner Tochter. „Josephine hat beim SC Empor Laucha geturnt. Ihre Ziele hießen aber immer schon Weltmeisterschaften und Olympische Spiele. Als sie merkte, dass daraus im Turnen wohl nichts wird, war sie ganz schön traurig.“ Erst bei der späteren Suche nach Alternativen, mit denen sie diese Träume verwirklichen könnte - das war vor zwei Jahren -, sei der Gehsport ins Spiel gekommen. „Die koordinativen Fähigkeiten einer Turnerin brachte sie ja mit, aber wie sich dann herausstellte, ist sie auch ein Ausdauertalent“, berichtet ihr 45-jähriger Vater.

Seitdem eilt Josephine Grandi von Sieg zu Sieg. Nationalmannschafts-Mitglied Hagen Pohle, der in seiner Funktion als Vorstandsmitglied des Geher-Teams Sport-Pate der jungen Lauchaerin ist, sagt: „Sie ist ein ganz großes Talent. Wir müssen alle die Daumen drücken, dass sie dabeibleibt, auch wenn sie ins schwierige Alter kommt.“ Helfen dabeizubleiben könnten, so Pohle, vor allem die Erfolge bei Wettkämpfen. Ihre nächsten Auftritte hat Josephine Grandi am 14. April beim Deutschen Geherpokal in Reichenbach, drei Tage später bei einem Geherabend in Halle sowie am Sonntag, 28. April, in Naumburg. Dann wird sie doch so etwas wie die Lokalmatadorin sein, obwohl sie nicht mehr für den SC Empor Laucha startet.