Nachruf auf Naturschützer Unendliche Neugier: Rudolf Wendling prägte Generationen
84-Jähriger war ein viel geachteter Wegbereiter, Lehrer und eine Institution des Naturschutzes mit großem Wissen.

Wiehe/Bad Bibra - Am 26. Mai verstarb im Alter von 84 Jahren mit dem ehemaligen Lehrer Rudolf Wendling ein verdienter Wegbereiter und eine Institution des Naturschutzes, der sich über Jahrzehnte hinweg im ehemaligen Landkreis Nebra und später Burgenlandkreis durch sein universelles Wissen und beispielhaftes ehrenamtlichen Wirken hohe Anerkennung erwarb und nicht nur Schülergenerationen prägte. Er inspirierte mit seiner eigenen Begeisterung für die Natur viele Menschen, vermittelte bis zuletzt im Rahmen von Workshops und Seminaren Teilnehmern sein breit gefächertes Wissen über Natur, Astronomie, Ornithologie bis zur praktizierten Archäologie.
Mentor für viele
1937 in Halle geboren und überschattet von Krieg und Nachkriegszeit aufgewachsen, studierte Rudolf Wendling Lehramt und unterrichtete in Bad Bibra in den Fächern Biologie, Chemie und Astronomie. Schon während seiner Lehrtätigkeit weckte er bei Kindern und Jugendlichen das Interesse für den Naturschutz und bezog Schüler in praktische Naturschutzarbeit ein, unter anderem, bei der Brutvogelbeobachtung, Beringung und Rettung von Jungvögeln. Unter Naturschützern und an Natur Interessierten avancierte der ehemalige Lehrer nach seinem Eintritt in den Ruhestand zum Mentor, durch sein beispielhaftes ehrenamtliches Engagement zum Vorbild und seine menschliche Herzlichkeit zum besten Freund und Weggefährten. Generationen von Schülern, Studenten, Lehrern, Workshop- oder Seminarteilnehmern gab er sein Wissen weiter. Seine eigene nicht enden wollende Neugier und der Geist, Unbekanntes sich zu eigen zu machen, dieses Wissen dann praxisnah zu vermitteln, machten Wendling zum beliebten Referenten für die Themen Natur- und Artenschutz, Geologie, Geschichte, Archäologie und Ornithologie.
Beteiligt an Ausgrabungen
In dankbarer Erinnerung bleibt er all jenen Menschen, die ihn kannten und begleiten konnten, denen er sein Wissen weitergab. Anschaulich, ohne Kosten und Mühen zu scheuen, mit meist selbst gefertigten Modellen, Präparaten und Nachbildungen von Tieren und Pflanzen und teils Originalfunden verstand es Rudolf Wendling faszinierend lebendig, detailreich und spannend naturwissenschaftliche Themen nahe zu bringen. Als Bodendenkmalpfleger war er an einigen archäologischen Ausgraben beteiligt: beispielsweise einer 2000 Jahre alten Mehrfachbestattung zwischen Kirchscheidungen und Laucha 1979, dem Fund der berühmten Venusfiguren in Nebra oder einer Pfahlbausiedlung in der Kiesgrube Roßleben mit Funden von Mammut- und Waldelefantenknochen. Bei Ausgrabungen vor dem Schulneubau in Bad Bibra legte er mit seinen Schülern sogar eine kultische Abfallgrube frei. Experimentell probierte Rudolf Wendling aus, wie nach frühgeschichtlichem Vorbild keramischen Gefäße hergestellt wurden. Aus Eibenholz, Birkenteer und Tiersehnen fertigte er meisterhaft den Ötzibogen, aus Feuersteinknollen baute er mit unendlicher Geduld Faustkeile, Speerspitzen oder Messer nach und gab diese Erfahrungen im Rahmen von Workshops an Schulklassen und als Referent während der Gästeführerausbildung weiter.
Zahlreiche Projekte
Viele Exponate im Heimathaus Nebra zum Thema Himmelsscheibe und dem Leben in der Bronzezeit gehen auf Wendlings Wirken zurück. Er begleitete Arbeitseinsätze zur Pflege der Orchideenstandorte, fertigte Modelle und Zeichnungen zu einheimischen Orchideen, beteiligte sich an bauhistorischen Analysen zur Kirche in Steinbach und dem daraus entstandenen Flyer. Er beförderte die Neuausweisung und die Erweiterung von Naturschutzgebieten, die Ausweisung von Flächennaturdenkmalen; auch die Unterschutzstellung von vielen Naturdenkmalen erfolgten auf seine Anregung hin, untersetzt dank fachlicher Kompetenz und Überzeugungskraft. Wendlings federführendes Wirken steht hinter vielen Artenschutzprojekten wie der Wiederansiedlung von Wanderfalke und Uhu.
Nabu-Gründungsmitglied
Neben und auch schon vor Nebras Naturschützerin Ingeborg Falke gilt Wendling als Wegbereiter und Institution des Naturschutzes, der von 1963 bis 1967 Kreisnaturschutzbeauftragter im damaligen Kreis Nebra war. Im Jahr 1991 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern des Nabu „Unteres Unstruttal“, wurde Vorstandsmitglied des Vereins und somit Aktivposten im Sinne des Natur- und Artenschutzes in unserer Region. Sein Schaffen und unvergleichliches Universalwissen hinterlässt bleibende Eindrücke und Spuren. Für dieses universelle Engagement und Wirken im Naturschutz erhielt er 2001 das Bundesverdienstkreuz. Nicht nur seinen Hinterbliebenen, Frau, Sohn und Enkeln, wird er fehlen, auch im Naturschutz hinterlässt er eine kaum zu kompensierende Lücke.
Der Nachruf ist entstanden unter Zuhilfenahme der Abschiedsrede von Elke Lauckner-Böhme, Gleina.