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Stadtplanung in Freyburg Stadtplanung in Freyburg: Lernen aus der Geschichte

Von Constanze Matthes 19.02.2021, 09:02
Während des Projektes stellten die Studenten auf dem Freyburger Marktplatz die Gründung der Stadt nach.
Während des Projektes stellten die Studenten auf dem Freyburger Marktplatz die Gründung der Stadt nach. Johann Taillebois/magda-map.de

Freyburg - Es hätte keinen besseren Zeitpunkt für das Projekt gegeben, wenngleich dieser besondere Herausforderungen an die Teilnehmer gestellt hat und für alle Menschen noch immer stellt. Im Sommersemester und damit inmitten der Corona-Krise beschäftigten sich Bachelor- und Masterstudierende der Universität Kassel an der Seite von Harald Kegler, Professor für Städtebau- und Planungsgeschichte, mit der Frage, wie sich Städte dank ihrer Widerstandskraft gegenüber Krisen behaupten können.

Resilienz heißt der Fachbegriff für die Fähigkeiten, schwierige Zeiten durchzustehen. Als Modellstadt stand Freyburg im Mittelpunkt ihrer Untersuchungen. „Ich hatte erst an Naumburg gedacht, doch dann fiel mir Freyburg ein. Die Stadt ist überschaubarer“, blickte Harald Kegler auf Tageblatt/MZ-Anfrage zurück. Der Professor wohnt in Dessau und kennt somit die Saale-Unstrut-Region.

Die Wein- und Jahnstadt sei deshalb vor allem ins Blickfeld gerückt, weil sie über einen noch intakten historischen Kern verfüge, der über Jahrhunderte stabil geblieben ist. „Daran konnten wir viel zur Geschichte, aber auch zum Erhalt und zur Erneuerung ablesen und wie eine Stadt gegenüber Störungen krisenfest sein kann. Der Grundriss einer Stadt ist auch ihr Gedächtnis. Daraus speist sich ihre Identität, was für deren Erhalt sehr wichtig ist. Eine Stadtgesellschaft sollte sich deshalb offensiv mit ihrer Stadtgeschichte auseinandersetzen“, so Kegler weiter. Die Studierenden widmeten sich der Geschichte und den Krisenzeiten Freyburgs sowie der Gegenwart der Stadt.

Während ihres Projekts stellten sie die Stadtgründung auf dem Freyburger Marktplatz nach. Sie untersuchten anhand eines sogenannten Vulnerabilitätskatalogs und fünf Klimawandel-Szenarien Elemente für eine resiliente Stadtentwicklung mit Blick auf den kommunalen Raum samt Flächen, Gebäude und technischer Infrastruktur, Gesellschaft und Kultur sowie Wirtschaft. Denn nicht nur die noch aktuelle Corona-Pandemie, sondern auch das Thema Klimawandel, der Starkregen-Ereignisse, Brände, Hitze und Dürre sowie Hochwasser mit sich bringt, fand Beachtung. Wie Städte auf diese Entwicklung reagieren können und müssen, sei bereits vor zehn bis 15 Jahren in jenen Ländern erkannt worden, die schon damals vom Klimawandel besonders betroffen waren. Nun sei deses Thema auch in Deutschland angekommen, meint Kegler.

Doch welche Eigenschaften helfen einer Stadt, um widerstandsfähiger zu sein? Das sei eine diverse, breit aufgestellte Wirtschaft, die sich in Freyburg in der Wein- und Sektherstellung, aber auch im Kleingewerbe sowie im touristischen Bereich zeigt. „Außerdem sind regionale Kooperationen sowie eine technische Infrastruktur wichtig“, sagte der Professor für Städtebau- und Planungsgeschichte an der Universität Kassel. Erneuerbare Energien helfen einer Kommune, sich unabhängiger zu machen. In Sachen Klimawandel seien Schutz vor Bränden und Hochwasser sowie grüne Inseln als Schutz vor Sonne und Überhitzung von Bedeutung.

Am Ende des Projekts entstand eine Broschüre, die Kegler Freyburgs Bürgermeister Udo Mänicke übergeben konnte, der während des Recherche-Besuchs die Studierenden durch die Stadt führte. „Aus dem Konzept lassen sich gute Denkansätze herausnehmen, auch mit Blick auf die neu zu definierenden Bereiche im Rahmen des Förderprogramms ’Lebendige Zentren’“, sagte Mänicke im Gespräch mit unserer Zeitung. Dabei sei vor allem der ökologische Teil nicht mehr wegzudenken. Eine seiner Ideen seien Auffangbecken, die das Wasser von Starkregen auffangen könnten, das wiederum für die Tröpfchenbewässerung in den Weinbergen genutzt werden könnte.

Freyburg von oben: Die Stadt an der Unstrut mit ihrem historischen Kern war Modellstadt für ein studentisches Projekt.
Freyburg von oben: Die Stadt an der Unstrut mit ihrem historischen Kern war Modellstadt für ein studentisches Projekt.
Nicky Hellfritzsch