Rundgang Rundgang: Auf einem Vorzeige-Biohof

Dietrichsroda - Das war schon eine besondere Erlebnis-Führung auf dem „Sonnengut Gerster“ in Dietrichsroda - mit fast hautnahem Kontakt zu Rindern, Schweinen und Bienen. Hühner sollen übrigens demnächst noch hinzukommen. Damit aber noch nicht genug: Bäuerin Claudia Gerster konnte auch biologisch bewirtschaftete Feldflächen zeigen, die ausschließlich mit präpariertem Mist vom eigenen Vieh und selbst angebauten Leguminosen gedüngt werden. Die 43-Jährige präsentierte obendrein auf dem großen Vierseitenhof die kleine hofeigene Käserei, in der sie die Milch der Kühe zu Käse in den verschiedensten Geschmacksrichtungen und anderen Milchprodukten selbst verarbeitet. Und auch eine Backstube gehört zum Hof, in der Frau Gerster aus Natursauerteig Vollkornbrote, Brötchen und Kleingebäck zubereitet, wofür zuvor ein Teil der jährlichen Getreideernte in einer Steinmühle frisch vermahlen wird. Komplettiert wird das Ganze durch einen Hofladen, eine kleine Biogasanlage und eine Solaranlage, die auf einer Seite fast die gesamte Dachfläche einnimmt.
Das alles macht das Sonnengut gewissermaßen zu einem Vorzeige-Biohof (siehe auch „Fakten“), der dementsprechend zum bundesweiten Netzwerk „Demonstrationsbetriebe Ökologischer Landbau“ gehört. Frank Ernst, Vorstandsmitglied im Netzwerk Zukunft Sachsen-Anhalt, wollte sich dazu im Rahmen einer Touren-Reihe „Spurensuche Nachhaltigkeit: Lebensmittel aus der Region“ in Dietrichsroda ein genaueres Bild verschaffen. Und er konnte am Ende beeindruckt resümieren: „Hier funktioniert das kreislauforientierte Wirtschaften - mit der regionalen Vermarktung der eigenen Produkte.“ Bestätigen konnten dies nach einer langen und aussagekräftigen Hofführung auch Carmen Töpel aus Bad Kösen und die Erfurterin Clara Solcher, die als interessierte Gäste gekommen waren. Letztere kauft auf dem Wochenmarkt in Erfurt immer am Gerster-Stand ein. Und dort war auch gerade Gerhard Gerster. Seine Frau musste deshalb allein die Führung übernehmen. Neben diesem Stammplatz in Thüringens Hauptstadt beliefert der Dietrichsrodaer Familienbetrieb aber auch Bio-Läden in Weimar, Jena und Naumburg mit seinen Produkten. „Und eine feste Stammkundschaft“, so erläuterte die Bäuerin, „haben wir auch in unserem Hofladen, der jeweils freitags von 15 bis 19.30 Uhr geöffnet hat.“ Dort gibt es übrigens auch Fleischereierzeugnisse, die Gersters nach alter Thüringer Handwerkertradition herstellen lassen.
Zurzeit werden etwa 30 Schlachtschweine gefüttert, die in einem Gehege viel freien Auslauf haben. 60 Rinder freuen sich, nun wieder auf der Weide stehen zu können. Sie kommen zweimal pro Tag an die Melkmaschine. Die Milch, so die Bäuerin, fließt von dort direkt in Kannen, was sich positiv auf die Qualität auswirke. Und etwa 30 000 Liter Milch verarbeite sie selbst pro Jahr. Für das Getreide gibt es einen Speicher. Man beliefere auch Bio-Mühlen und produziere selbst Saatgut, was gar nicht so einfach sei. Honig aus der kleinen Imkerei ist erst seit 2010 hinzugekommen, nachdem Claudia Gerster an einem Kurs für Neuimker teilgenommen hatte. Allein ist das alles natürlich nicht zu schaffen. Zum Biohof gehören so noch sechs Angestellte und ein Azubi. Für die Region wichtige Arbeitsplätze. Die Hofherrin vergleicht: In der üblichen Landwirtschaft werden heute etwa 500 Hektar Fläche lediglich von einer Person bewirtschaftet.