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Romanikpreis Romanikpreis: Gold und Silber für Saale-Unstrut

Von Constanze Matthes 13.04.2015, 07:17
Wolfgang Boy vor der großen Karte mit Schauplätzen des bisherigen Wirkens des Ingenieurbüros.
Wolfgang Boy vor der großen Karte mit Schauplätzen des bisherigen Wirkens des Ingenieurbüros. Hans-Dieter Speck Lizenz

Naumburg/Laucha - Eine Karte vom Burgenlandkreis nimmt fast eine ganze Wandfläche im Beratungsraum von „Boy und Partner“ ein. Markierungspunkte bedecken sie dicht an dicht. Linien führen zu Fotografien von Wohnhäusern, Gewerbegebäuden, Brücken und Straßen. Bekannte Namen tauchen auf: Rotkäppchen-Sektkellerei, Winzervereinigung, Henglein, Glockengold, Saale-Unstrut-Klinikum oder das Tönnies-Fleischwerk in Weißenfels, um nur einige zu nennen. „Boy und Partner“ ist mit seinen Fachbereichen für Architektur, Tiefbau-, Tragwerks- und Bauleitplanung sowie Ingenieurvermessung eines der renommiertesten Ingenieurbüros für Bauwesen im südlichen Sachsen-Anhalt. „Das aufzubauen war nicht einfach, erfolgreich zu bleiben auch nicht“, weiß Wolfgang Boy (64), einer der beiden Geschäftsführer.

Harter Kampf mit der Treuhand

Nach dem Abitur an der Erweiterten Oberschule in der Thomas Müntzer-Straße in Naumburg kam das Studium an der Bauhochschule in Weimar. Als frisch gebackener Bauingenieur hatte er 1975 im Landbaukombinat Halle, Sitz Naumburg angefangen. Das war eine gute Adresse im Bauwesen im damaligen Bezirk Halle. Arbeitsplatz war die Planungsabteilung mit den Schwerpunkten Statik und Konstruktion. Mit der politischen Wende begann die wirtschaftliche Neuorientierung. Die Treuhand lenkte die Geschicke - oft eher schlecht als recht. Dennoch gab es Aufträge für die separierte Planungsabteilung, die nun als Prokon GmbH unter Treuhand-Verwaltung fungierte. „Es war eine abenteuerliche Zeit“, erinnert sich Boy. „Von westlicher Seite hat es wenig Zutrauen gegeben, dass Ostdeutsche ein modernes Bauplanungsbüro leiten könnten.“ Schließlich gelang es im Mai 1992, den Kaufvertrag mit der Treuhand zu unterzeichnen (siehe auch „Fakten“).

Geschäftssinn in die Wiege gelegt

Als Gründer fungierte Wolfgang Boy - an seiner Seite Rosemarie Eisenhut, die schon im Landbaukombinat für die Buchhaltung verantwortlich war. 20 Mitarbeiter der einstigen Planungsabteilung folgten den Gründern in den neuen Betrieb, der sein provisorisches Domizil in der alten Jägerkaserne aufschlug. Von nun galt es, sich die neuen technischen Normen anzueignen. „Und alle Gewinne haben wir in die Technik gesteckt“, sieht Boy ein wesentliches Erfolgsgeheimnis. So konnten neue Abteilungen aufgebaut werden – eine für Vermessung und die Bauleitplanung. Weitere bauspezifische Dienstleistungen kamen hinzu. Leistung wurde zur besten Empfehlung der Firma bei der Werbung von Kontakten und Aufträgen.

Das Ingenieurbüro Boy und Partner ist aus der Projektierungsabteilung des VEB (B) Landbaukombinat Halle, Sitz Naumburg, hervorgegangen. Seit dem Jahr 1992 privatisiert, sind im 1995 neu erbauten Firmensitz in der Naumburger Graf-Stauffenberg-Straße derzeit 20 Diplom-Ingenieure und 17 Facharbeiter als Technische Zeichner oder Vermessungstechniker sowie eine Auszubildende beschäftigt. Geschäftsführer sind als Diplom-Ingenieure gemeinsam Wolfgang Boy und Kerstin Bleymehl.

Wolfgang Boys Wurzeln liegen in Laucha. Dort ist die Familie seit dem 19. Jahrhundert ansässig. „Mein Urgroßvater Karl Boy, ein Landwirt aus Kirchscheidungen, betrieb zunächst in der Glockenstadt ein Hotel und eine Pferdebuslinie nach Naumburg. Später kaufte er eine Ziegelei und 35 Hektar Land und wurde wieder Landwirt“, erzählt Boy. Landwirt ist auch der Vater Friedrich Karl Boy, heute mit 88 Jahren Senior der Familie. Dieser hatte im Jahr 1965 Weinberge am Glockenseck und in der Veitsgrube gekauft und 1971 neu aufgerebt: 1200 Stöcke, vorwiegend Weißburgunder. Das ist heute der Grundstock des privaten Weinanbaus, in den sich Wolfgang Boy mit seinem Bruder Siegfried, Weinbaupräsident und Geschäftsführer der Agrargenossenschaft Gleina, teilt. „Aber jeder bewirtschaftet seinen Teil für sich“, stellt Hobbywinzer Wolfgang klar. Gemeinsam haben sie am Glockenseck auch einen Gutsausschank aufgebaut und im Mai 2010 eröffnet. Wein hat mit Lebensfreude zu tun, und der Lauchaer bezeichnet sich selbst als lebenslustigen Menschen. „Mitunter habe ich da schon Angst, etwas zu verpassen.“ So kann man ihn im Elferrat des Lauchaer Karnevals erleben, wie auch zu den Umzügen in der Glockenstadt. Zum Winzerfest schlüpft er schon mal in das Gewand des Bacchus, und er ist Mitglied der Weinfreunde. Reisen führten ihn nach Indien und Peru, und er hat den 5895 Meter hohen Kilimandscharo im ostafrikanischen Tansania bestiegen.

Boy ist mit seiner Studienkommilitonin aus der Weimarer Zeit verheiratet - Marita Boy, im Betrieb für die Vertragsarbeit zuständig. Zwei erwachsene Kinder gehören zur Familie. Nancy (38), Gebietsweinkönigin 1996/97, arbeitet heute bei Rotkäppchen-Mumm im Marketing in Eltville, Patrick (37) in der Computerbranche in München.

Abschied am Jahresende geplant

Es überrascht nun nicht, dass Wolfgang Boy nach Vollendung seines 65. Lebensjahres zum Jahresende von der Geschäftsführung zurück- treten wird. Neben Kerstin Bleymehl, der kaufmännischen Leiterin, ist Frank Ihle künftig für die technische Leitung vorgesehen. Auch das ist Kontinuität bei „Boy und Partner“: Ihle hat vor 20 Jahren als Lehrling in der Firma angefangen. Mehr Zeit mit dem Weinbau zu verbringen und Neues auszuprobieren: Das wünscht sich Wolfgang Boy für die kommenden Jahre. Er lädt schon mal für den 9. Mai zum Lauchaer Glockenseck ein. Da eröffnen die Boys in ihrem Gutsausschank mit einem Weinfest die diesjährige Saison.