Nazi-Parole vor dem Wohnhaus Nazi-Parole vor dem Wohnhaus: Warum Lützenerin keine Strafe erhält

Weißenfels/Lützen - In einer Winterjacke kauert die Angeklagte auf der Anklagebank, die Haare verdecken fast komplett ihr Gesicht. Die 38-Jährige muss sich an diesem Tag in Saal 18 des Weißenfelser Amtsgerichtes verantworten - Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Beleidigung und Sachbeschädigung wirft ihr die Staatsanwaltschaft vor.
Die Frau soll im Juni vergangenen Jahres vor einem Mehrfamilienhaus in Lützen „Heil Hitler“ gerufen, ihre Nachbarin als „Schlampe“ beleidigt und im Treppenhaus deren Schuhregal zerstört haben, wodurch ein Schaden von 50 Euro entstand.
Zwei bis sieben Bier intus
Die Angeklagte erzählt, dass sie zu der Zeit „neben der Spur war“. Sie leide unter einer bipolaren Störung, habe am Tattag Alkohol getrunken - etwa zwei bis sieben Flaschen Bier - und sich danach in einer psychiatrischen Klinik behandeln lassen. Dass sie die Nazi-Parole gerufen und ihre Nachbarin beleidigt haben soll, bestreitet sie aber. „Ich habe meine Nachbarin gar nicht gesehen“, sagt die Lützenerin. Das Schuhregal habe sie beim Vorbeigehen versehentlich kaputt gemacht, als sie in ihre Wohnung wollte.
Die betroffene Nachbarin selbst ist bei der Aufklärung des Falls keine große Hilfe. Sie könne sich an nichts mehr erinnern, weder an die „Heil Hitler“-Rufe noch an die Beleidigung. Die 50 Euro für das Schuhregal habe ihr die Angeklagte gegeben, daraufhin habe sie auch die Anzeige wegen Sachbeschädigung zurückgenommen. Dass die beiden Frauen Probleme hatten, bestätigt sie aber. „Wir sind nicht gut miteinander klargekommen“, meint die 60-Jährige. Mittlerweile ist die Angeklagte aus dem Haus ausgezogen.
Verfahren wird eingestellt
Eine weitere Nachbarin erzählt dem Gericht indes, dass sie gehört habe, wie die Angeklagte einmal „Heil Hitler“ gerufen haben soll. „Das ist eine Straftat, die auf jeden Fall zu ahnden ist“, meint die Richterin. Dennoch kommt es am Ende zu keinem Urteil in dem Prozess. Denn: Es gibt Zweifel daran, ob die Angeklagte aufgrund ihrer psychischen Erkrankung am Tattag zurechnungsfähig gewesen ist. Das müsste ein Gutachten klären, was erst noch erstellt werden müsste, worauf die Prozessbeteiligten keine große Lust haben. Und da die Angeklagte keine Vorstrafen besitzt, wird das Verfahren gegen sie eingestellt. (mz)