Vereinsleben Männerchor Grochlitz hält die Fahne hoch
Das geplante Sängerfest zum 185. Gründungsjubiläum musste ausfallen. Warum für 2022 dennoch Optimismus herrscht.

Naumburg - Beginnen wir diesen Text mit einer Überraschung: Der Männerchor Grochlitz ist strenggenommen ein gemischter Chor! „Jedenfalls dann, wenn man die Alterszusammensetzung unseres Ensembles betrachtet, das 27 aktive Mitglieder von 30 bis 85 Jahren vereinigt“, witzelt Reinhard Beck. Der 2. Vorsitzende liefert damit auch gleich einen Hinweis, auf welche Weise er und seine Mitstreiter sich in der eben auch für Chöre herausfordernden Pandemiezeit zu behaupten versuchen: Mit Gewitztheit und einer großen Portion an Improvisationsvermögen sowie Pfiffigkeit wollen die Grochlitzer die Fahne hochhalten.
Dass ihr 185. Gründungsjubiläum im Vorjahr nicht im Rahmen des geplanten großen Sängerfests mit mehreren befreundeten Chören, sondern lediglich als „Mini-Feier“ in ganz kleinem Rahmen begangen werden konnte, bereitete natürlich Verdruss - der längst schon wieder fröhlichem Optimismus gewichen ist: „Dann feiern wir in diesem Jahr halt Chorgeburtstag 185+1“, trägt „Dauerbrenner“ Waldefried Reiß, der seit 50 Jahren mit von der Partie ist, die originelle Lösung vor - die sogar noch zusätzlichen Charme dadurch erhält, dass 2022 zugleich das 100. Jubiläum der 1922 erfolgten Fahnenweihe ansteht.

Auch bei der Aufrechterhaltung seines Probenbetriebs zeigte sich das 1998 vom damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog mit der Zelter-Plakette für besondere chormusikalische Verdienste ausgezeichnete Ensemble kreativ: „Sobald es nach den Lockdowns wieder möglich war, sind wir zum allwöchentlichen Üben unter freiem Himmel im Innenhof unseres Vereinsdomizils zusammengekommen. Unser Vermieter Frank Geiling, dem wir gar nicht genug für seine Unterstützung danken können, hatte sogar für eine Schlechtwettervariante in einem ebenerdigen Gewölbe mit Querlüftung gesorgt“, würdigt Schriftführer Jörg Zander.
„Die besonderen Umstände des ’Singens auf Abstand’ haben dazu geführt, dass wir noch stärker gefordert waren, ganz genau aufeinander zu hören“, schildert der 1. Vorsitzende Frank Hoffmann und lässt erkennen, inwieweit die Beschränkungen sogar einen Entwicklungsimpuls ausgelöst haben. Und Chorleiter Michael Beck - übrigens der Sohn seines Stellvertreters Reinhard Beck - bemerke ohnehin jeden falschen „Pieps“ und lasse nicht locker, bis jeder Ton sitzt.
„Die besonderen Umstände des ’Singens auf Abstand’ haben dazu geführt, dass wir noch stärker gefordert waren, ganz genau aufeinander zu hören.
Vorsitzender Frank Hoffmann
Bloß die Auftritte des Grochlitzer Männerchores, der sonst regelmäßig bei Kirsch- und Winzerfest, Kursaison-Eröffnung oder Advent in den Weinbergen singt, ließen sich jüngst an einer Hand, genauer gesagt, an einem Finger abzählen: „Einzig beim Hoffest im Café und Weinausschank Schlag in Roßbach waren wir zuletzt in der Öffentlichkeit präsent“, bedauert Frank Hoffmann. Erfreulich hingegen sei die nochmals intensivierte Freundschaft zum Claudius-Männerchor: „Vielleicht können wir bei einem großen Fest sogar einmal gemeinsam auftreten“, hofft er. Auch das wäre dann in der Tat: ein gemischter Chor.