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Kinderärztin mit Leib und Seele nimmt Abschied

Von JANA KAINZ 27.01.2009, 17:36

NAUMBURG. - Dann kümmert sich Kinderfachärztin Petra Hecht um die erkrankten Kinder. Für ein Vierteljahr wird ihr stundenweise Rosemarie Schewe zur Seite stehen. Sie habe ihren Mann Waldemar Schewe gebeten, "dass er mir jeden Morgen, wenn ich zur Praxis gehe, sagt ,Du hast da nichts mehr zu sagen'". Doch sie ist zuversichtlich, dass es eine gute Übergangszeit wird. Immerhin habe sie all die Jahre gut mit der Naumburger Kinderklinik zusammengearbeitet. Wichtig war ihr auch, dass die beiden Krankenschwestern, die bei ihr gelernt und viele Jahre gearbeitet haben, übernommen werden. "Ich bin rundum glücklich", sagt sie.

Das war in den vergangenen vier Jahren nicht immer so. Vergebens hatte sie nach einem Nachfolger gesucht. Ihre kleinen Patienten wollte sie aber nicht unversorgt zurücklassen. Sie könne verstehen, dass sich kein Arzt angesichts der Bürokratie, mit der er sich herumschlagen muss, niederlassen möchte. "So wie die Bedingungen heute sind, würde ich nicht noch einmal eine Praxis eröffnen", meint sie. Zu DDR-Zeiten hätte sie sich gern selbständig gemacht. Stattdessen arbeitete sie in einer Leipziger Ambulanz. Da lagen ein Studium in Jena, ein Pflichtassistentenjahr in Wittenberg und die Facharztausbildung am Dessauer Bezirkskrankenhaus hinter ihr. Ebenso die mit magna cum laude bewertete Doktorarbeit, die sie am liebsten nicht zu Papier gebracht hätte, weil ihre Experimente ein negatives Ergebnis gezeigt hatten. Die Arbeit in der Ambulanz ermöglichte ihr, den eigenen Kinderwunsch zu erfüllen, und das gleich dreimal. Nach der Geburt des zweiten Kindes wechselte sie an die Delitzscher Poliklinik. 1988 wurde ihr Mann als Pfarrer nach Naumburg berufen. So kam die Familie in die Domstadt und kurz darauf die politische Wende. Diese war für die Ärztin ein großer Glücksmoment. Endlich konnte sie eine Praxis eröffnen und "lospowern". "Ich liebe meinen Beruf und mich fasziniert das Vertrauen zwischen dem Hilfesuchenden und dem Arzt und die Verantwortung." Aber die Familie drängte sie, in den Ruhestand zu gehen.

Langeweile wird nicht aufkommen. Sieben Enkelkinder fordern ihren Teil ein. Außerdem würde sie gern mit Mitstreitern ein stationäres Hospiz auf den Weg bringen. Doch in den nächsten beiden Tagen steht noch die Praxis im Mittelpunkt, die sie ihrer Nachfolgerin übergibt. Mit Rosemarie Schewe verlässt ein 2 660 Gramm schweres Sparschwein die Praxis. Zum zehnten und letzten Mal geht dessen Inhalt zum Verein "Wir helfen" der Mitteldeutschen Zeitung nach Halle auf die Reise, um von dort aus Kindern zu helfen.