Ornithologen schlagen Alarm Immer weniger Vogelgezwitscher
Warum jeder Gartenbesitzer einen Beitrag zum Artenerhalt leisten kann.

Naumburg - Es ist stiller geworden in der Natur, vor allem was das Trillern und Zwitschern der Vögel anbelangt. Das führen die beiden Vogelkundler Rolf Hausch aus Tröglitz und Mathias Grau aus Teuchern unabhängig voneinander als Beleg dafür an, dass auch hierzulande zutrifft, was eine Studie von Birdlife International, dem Dachverband des Naturschutzbund Deutschlands, für ganz Europa ermittelt hat: Seit 1980 hat demnach der Bestand der Brutvögel auf dem Kontinent um circa 19 Prozent abgenommen, was rund 600 Millionen Vögeln entspreche.
Um dies festzustellen, müssen die Ornithologen nicht einmal zu ihren ausgiebigen Naturwanderungen aufbrechen, bei denen sie auch regelmäßig die Vögel beobachten und zählen. „Mich rufen öfter mal Leute an und fragen, warum sie kaum noch Vögel in ihren Gärten sehen“, sagt Rolf Hausch. Speziell benennt er die Vogelarten Ortolan, Steinkauz, Bluthänfling, Kuckuck sowie das Rebhuhn, das „vor wenigen Jahren noch überall in der Elsteraue“ anzutreffen war, dessen Population aber seitdem stark gesunken sei. Mathias Grau nennt einen starken Rückgang bei Kiebitz und Feldlerche. Sie alle gebe es im Burgenlandkreis zwar noch, aber so vereinzelt, dass es den Ornithologen Sorgen bereitet.
Insektensterben ist ein Grund
Die Gründe dafür liegen für die Vogelkundler auf der Hand. Der Rückgang der Vögel sei untrennbar mit dem Insektensterben verbunden, sind diese Tiere doch eine Nahrungsquelle. Auf den Feldern des Burgenlandkreises, die Rolf Hausch als „Agrarsteppe“ bezeichnet, seien bedingt durch den Einsatz von Pestiziden und Herbiziden aber kaum noch Insekten zu finden. „Die Landwirtschaft ist industrieller geworden. Es gibt kaum noch Rückzugsräume“, bestätigt Mathias Grau. In der staatlichen Vogelschutzwarte Steckby, die für Sachsen-Anhalt zuständig ist, hat man den Vogelrückgang anhand mehrerer Faktoren untersucht und ist ebenfalls zu dem Ergebnis gekommen, „dass die Bestandsabnahmen im Teilindikator Agrarlandschaft am gravierendsten sind“, sagt Mitarbeiter Gunthard Dornbusch.

Die Ornithologen wünschen sich deshalb neben einem geringeren Einsatz von Chemikalien auf den Feldern vor allem mehr Blühstreifen an deren Rändern. Denn auch Samen als zweite wichtige Nahrungsquelle der Vögel seien immer seltener zu finden, sowohl auf den Feldern als auch in den Gärten. Während sogenannte Schottergärten für die Vögel laut Rolf Hausch „ganz negativ“ seien, weil sie dort kein Futter finden, seien auch gut gepflegte Gärten „mit englischem Rasen“ nicht optimal. „Wenigstens eine naturbelassene Ecke“ sollten Gartenbesitzer haben, damit sich dort Vögel wohlfühlen, sagt auch Mathias Grau. Sorgen bereitet Rolf Hausch indes, dass „die nachfolgende Generation den Kontakt zur Vogelwelt“ verliert. Denn „was man nicht kennt, kann man nicht vermissen“.
Neue Arten durch Erwärmung
Was inzwischen geringer ausfalle, sei aber „der Schwund im Winter“, da diese immer wärmer werden. Obgleich die Vogelkundler ihn nicht befürworten, sorge der Klimawandel auch dafür, dass Vogelarten aus dem Süden wie der Bienenfresser und die Türkentaube im Burgenlandkreis heimisch geworden sind. „Aber das sind Ausnahmen“, so Rolf Hausch.