Hintergrund Hintergrund: Bundesrat gab am 11. Juli grünes Licht

Naumburg/ZEitz - Gewaltiger Preissprung für ein geliefertes Mittagessen: Statt 3,80 Euro bezahlen Kunden der Naumburger Gaststätte „Bismarckturm“ 5,50 Euro. Ein Leser hat die Redaktion unserer Zeitung darauf hingewiesen. Grund sei der Mindestlohn, doch nicht nur innerhalb seines Unternehmens, erklärt Horst Seyffarth auf Nachfrage. Die rund 100 Mahlzeiten täglich werden durch das Bad Kösener Taxi-Unternehmen Marno geliefert. „Würden wir selbst liefern, wäre die Preiserhöhung nur minimal und rund einen Euro niedriger“, rechnet Seyffarth vor.
Drei Mitarbeitern gekündigt
In jenem besonderen Fall stoßen zwei Branchen aufeinander, die der Gesetzesänderung folgen müssen. Und beide Bereiche reagieren darauf. Marno Scherling fühlt sich als Unternehmenschef allein gelassen. „Wir haben schon im April nach Hilfe gerufen. Nun fünf vor zwölf werden die meisten wach. Es ist ein großes Fiasko“, sagt er auf Tageblatt/MZ-Anfrage. Drei Mitarbeitern habe er bereits gekündigt. Grundsätzlich sei er kein Gegner des Mindestlohns. Doch die Voraussetzungen sollten stimmen, erzählt Scherling weiter und erwähnt vor allem den allzu niedrigen Kostensatz, den Krankenkassen zahlen. Zwar sei der um 23 Cent auf 1,50 Euro pro Kilometer angehoben worden, doch das reiche hinten und vorne nicht. Er habe Anwälte und Steuerberater beauftragt, ein Gutachten erstellen lassen. Nichts half. „Privatkunden zeigen jedoch Verständnis“, sagt der Taxi-Chef, der für die folgende Zeit Probleme kommen sieht: „Es wird ein Taxi-Sterben geben.“
Eine ganze Branche ist in Wartestellung auf das, was da wohl kommen wird. Dabei sind die Weichen für das Taxigeschäft im Burgenlandkreis längst gestellt. Seit Anfang Dezember gilt im Kreis eine neue Verordnung für die Taxen. Der Grundpreis ist um 48 Prozent auf 3,70 Euro gestiegen. Der Preis pro Kilometer Fahrt wurde sogar um über 63 Prozent erhöht, statt 1,90 Euro bezahlt der Kunde inzwischen 3,10 Euro. „Die Fahrgäste schlucken ganz schön und schimpfen auch über die neuen Preise“, sagt Manfred Günter (Name geändert). Der Chauffeur steht an einem Taxistand in der Weißenfelser Innenstadt und wartet auf Kundschaft. „Letztendlich haben sie aber keine Wahl“, meint er. Bisher wurden die Taxifahrer meist an den Umsätzen beteiligt, meist mit 40 bis 50 Prozent der Einnahmen. Wer viel fuhr, verdiente mehr. Ab Januar soll die Arbeit nun mit dem festen Stundensatz von 8,50 Euro vergütet werden. Allerdings ist der letzte Monat des Jahres nicht repräsentativ. Denn es ist für die Taxibranche die beste Zeit des Jahres. Weihnachts- und Silvesterfeiern sowie Abendveranstaltungen sorgen für Fahrten. Auch nutzen viel die Taxen, um gekaufte Geschenke nach Hause zu befördern.
Schulessen um 30 Cent teurer
Dafür, dass die meisten der 110 Mitarbeiter der Burgenlandküche in Zeitz mehr Lohn erhalten, muss Geschäftsführer Fred Ebisch die Essenpreise im Durchschnitt um 30 Cent anheben. Schulen und Kindereinrichtungen, Altenheime und Einzelverbraucher - insgesamt 60 Einrichtungen - versorgt die Küche. Dort sei laut Ebisch die Nachricht von der Preiserhöhung im November eingegangen. Bei manchen Eltern war das auf heftige Reaktionen gestoßen, weiß Ronny Mank aus der Lützener Verwaltung zu berichten. Aber auch aus Weißenfels und dem ganzen großen Gebiet, in das die Burgenlandküche liefert, hat Ebisch Post bekommen, teilweise von verärgerten Eltern, aber oftmals auch fragend formuliert. „Es ist allein der Mindestlohn umgelegt worden“, versichert Ebisch, mit mehr Gewinn könne er nicht rechnen. Im Gegenteil er wisse noch gar nicht, welche erhöhten Forderungen von den Lieferanten noch kämen, die ja oft ebenso höhere Löhne zu bezahlen hätten.
„90 Prozent der Kunden haben die Preiserhöhung akzeptiert“, sagt der Geschäftsführer erleichtert. Denn er möchte niemanden entlassen müssen, weil weniger zu kochen sei. Obwohl er sich sogar freut, sein Personal nun besser bezahlen zu können, treibt ihn die Sorge um, was die Lohnerhöhungen im unteren Bereich nach sich ziehen werden.