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Literatur Die Stadt im Herzen: Neusser hat Kinderbuch über Naumburg geschrieben

Rainer Meusel ist eng mit der Domstadt verbunden. Ein Kirschfest-Besuch ist Pflicht.

Von Constanze Matthes 27.06.2022, 09:07
Rainer Meusel aus Neuss hat das Kinderbuch „Melle und der Ring des Ekkehard“ geschrieben.
Rainer Meusel aus Neuss hat das Kinderbuch „Melle und der Ring des Ekkehard“ geschrieben. (Foto: Torsten Biel)

Naumburg - Die Villa liegt verlassen und verfallen da. Der Rost nagt an Tor und Zaun. Das große Haus mit der Nummer 7 zieht Melle magisch an, wo er eines Tages eine unheimliche Begegnung macht. Der Junge trifft Udo, und die Geschichte von „Melle und der Ring des Ekkehard“ nimmt ihren Lauf. Geschrieben hat sie Rainer Meusel. Der 85-Jährige lebt im rheinländischen Neuss, mit seinem Herzen ist er jedoch immer in Naumburg geblieben. Sein Buch ist der Domstadt gewidmet, die Kathedrale ziert das Cover. „Ich bin hier aufgewachsen, ich zähle mich als Naumburger. Ich habe immer viel von Naumburg geträumt“, sagt Meusel.

Für das Kirschfest ist er mit seiner Frau Beate wieder in der Stadt - wie jedes Jahr. Dabei hat er als Kind und Jugendlicher das Volksfest nie selbst erlebt. Erst 1954 gab es erstmals nach dem Krieg den Trubel in Rot und Weiß wieder. Da war der gebürtige Magdeburger allerdings bereits in der Bundesrepublik. In der unruhigen politischen Zeit um 1953 war er - da in der jungen Gemeinde sehr engagiert - über die Stationen Weißenfels, Halle und Berlin und unter anderem mit der Unterstützung der Weißenfelser Musiklehrerin Erdmuthe Müller-Taube in Richtung Westen geflohen, wo bereits sein Bruder Joachim lebte, der die Vormundschaft übernahm. Die Mutter der Brüder folgte erst 1956.

Bundesverdienstkreuz erhalten

In Bad Godesberg legte Meusel sein Abitur ab, um schließlich Jura zu studieren und zu promovieren. Als Jurist arbeitete er in der Wirtschaft, unter anderem als Verwaltungsdirektor und stellvertretender Geschäftsführer einer Mineralölgesellschaft in Düsseldorf und als Personal- und Finanzvorstand eines Maschinenbaukonzerns. Mehrere Jahre gehörte er der Synode der Evangelischen Kirche Deutschland und dem Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentages an, von 1995 bis 1997 war er Präsident des Kirchentages. 2007 erhielt Meusel das Bundesverdienstkreuz erster Klasse verliehen.

Seit einigen Jahren schreibt er Kinderbücher, drei sind bereits veröffentlicht worden, so „Die sieben Tränensteine“ (2002) und „Wie die Maulwürfe einen Dieb gefangen haben“ (2010). Sie galten in erster Linie seinen vier Enkelkindern, auch eben das Buch um Melle, in dem er auch eigene Erinnerungen verarbeitet. Denn Meusel ist am Georgenberg aufgewachsen - einem der Schauplätze des Buches. „Ich habe allerdings auch einiges verfremdet. Aus dem Schreiben heraus hat sich die Geschichte entwickelt“, erzählt der Neusser, der sich mit seinem Buch auch der Geschichte des Adelsgeschlechts der Ekkehardiner widmet.

„Ich bin hier aufgewachsen, ich zähle mich als Naumburger. Ich habe immer viel von Naumburg geträumt.

Autor Rainer Meusel

Für die ausdrucksstarken Illustrationen konnte er den erst 20 Jahre alten Fabian Rougk aus Brandenburg an der Havel gewinnen, den er per Zufall kennenlernte. „Er studiert an der Kunstakademie in Düsseldorf und suchte eine WG. Ich habe dann ein Youtube-Video von ihm gesehen“, erzählt Meusel, der dem Künstler eine große Zukunft bescheinigt. „Der Mann ist fantastisch. Als ich ihn fragte, ob er ein Kinderbuch illustrieren würde, sagte er, das sei schon immer sein Wunsch gewesen.“ Zusammen 120 Exemplare seines Buches hat Rainer Meusel der Naumburger Touristinformation sowie dem Domladen kostenlos überlassen. Die Bände werden für 15 Euro verkauft. Der Erlös kommt der Stadt und den Vereinigten Domstiftern zugute.

Kontakte noch zu Mitschülern

Am Montag tritt der Rheinländer mit Naumburg im Herzen seine Rückfahrt an. Neben dem Kirschfest reist er allerdings jedes Jahr im Herbst zu einem Klassentreffen wieder an. „Die Klassengemeinschaft besteht noch immer. Wir rufen uns gegenseitig an. Das ist wohl einmalig“, sagt Meusel, der dem Bund alter Domschüler angehört und auch Kontakte zu Mitschülern aus der Grundschule pflegt.

Obwohl mit der Domstadt so eng verbunden und den regelmäßigen Reisen nach dem Mauerfall, kam eine Rückkehr jedoch für ihn nicht infrage - für die sich unter anderem ein Freund und Künstler Ludwig Gosewitz (1936 - 2007) einst entschieden hatte. „Ich habe seinen Mut immer bewundert“, sagt Meusel. „Aber ich habe im Rheinland meine Familie, meine Frau, meine Kinder.“ Während seines Aufenthaltes dieser Tage traf er auch mehrere Freunde. Und ein Erlebnis darf während des Naumburger Kirschfestes niemals fehlen: die Fahrt mit dem Riesenrad auf der Vogelwiese. Wegen der grandiosen Sicht auf Heimatstadt und Umgebung.