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Um ein Haushaltsloch in Höhe von 3,54 Millionen Euro zu stopfen, muss die Stadt Naumburg in die Rücklagen greifen Dickes Minus im Etat

Gemeinderat: Scheidender OB sieht „strukturelle Probleme“.

Von Harald Boltze 27.06.2021, 10:24
Aufgrund der pandemiebedingt notwendigen Abstände tagt der Naumburger Gemeinderat seit einigen Monaten im Euroville. Am Mittwoch stand neben der Vereidigung des neuen OB Müller der Haushalt auf dem Plan.
Aufgrund der pandemiebedingt notwendigen Abstände tagt der Naumburger Gemeinderat seit einigen Monaten im Euroville. Am Mittwoch stand neben der Vereidigung des neuen OB Müller der Haushalt auf dem Plan. (Foto: Torsten Biel)

Naumburg - Was lange währt, wird endlich - nun ja, „gut“ kann man einen Haushalt, der ein Defizit von reichlich dreieinhalb Millionen Euro beinhaltet, nun wirklich nicht bezeichnen. Aber zumindest gibt es nach dem Beschluss des Gemeinderates am Mittwochabend im Euroville (vier Enthaltungen, keine Gegenstimme) nun wenigstens einen Etat für 2021.

Dessen Verabschiedung sollte mit einem ähnlich hohen Defizit bereits im Februar/März über die Bühne gebracht werden. Damals aber wurde dies kurzfristig auf Halde gelegt, da diverse Räte moniert hatten, es habe keine Klausur gegeben, in der man dieses Defizit hätte vielleicht verhindern können. Die Klausur aller Ratsfraktionen wurde dann - bei gesunkener Corona-Inzidenz - im Frühjahr nachgeholt. Doch siehe da: Statt Einsparungen zu generieren wuchs das Defizit von damals 3,3 Millionen sogar auf 3,54 Millionen Euro an. Erklärt wird dies damit, dass die Auswirkungen der Corona-Pandemie nun noch genauer einkalkuliert werden konnten.

Dass der Etat ganz unterm Strich sogar als ausgeglichen zählt und keine Konsolidierung mit strikten, von der Kommunalaufsicht verordneten Sparmaßnahmen droht, liegt an Rücklagen aus vergangenen Jahren. Durch eine vorsichtige Planung im Zeitraum von 2011 bis 2016 konnte einst ein Überschuss erwirtschaft werden, der nun aber bereits zum zweiten Mal in Folge genutzt werden muss, um ein Defizit auszugleichen. Ein „doppelter Boden“, der, wenn überhaupt, noch ein weiteres Minus, wie es bereits jetzt für 2022 erwartet wird, aushält.

Für den scheidenden Oberbürgermeister Bernward Küper ist es die letzte Haushaltsaufstellung. Die missliche Lage sieht er aber keineswegs durch eine verschwenderische oder fehlerhafte Politik seiner Verwaltung oder des Rates verschuldet. „Das sind strukturelle Probleme, die auch mit massiven Einsparungen nicht zu lösen sind“, so Küper, der damit erneut die mangelhafte finanzielle Ausstattung der Kommunen deutschlandweit anprangerte. Diese müsse „komplett neu überdacht werden“, so der Noch-OB. Er warnte zugleich davor, in Zukunft die Ausgaben für die Freiwilligen Aufgaben zurückzuschrauben. „Dies sind die Dinge, die unsere Stadt lebenswert machen, und diese Pfunde sollten wir erhalten.“ Küper spielte unter anderem auf das Bulabana an. Dessen Schließung ist für ihn „keine Option“, obgleich „die einst beschlossene Fremdkapital-Quote von 70 Prozent“ eine große Belastung ist.

Für Investitionen sieht die nun beschlossene Vorlage der Verwaltung für dieses Jahr 14.2 Millionen Euro vor. Davon entfallen 11,2 Millionen auf Fördermittel. Der größte Teil der Gesamtausgaben von insgesamt rund 71,8 Millionen Euro betrifft wie gewohnt die Personalkosten, die 22,16 Millionen Euro betragen.

Da der Haushalt, der in seinen gesamten 580 Seiten für jeden interessierten Bürger im Ratsinformationssystem der Stadt Naumburg einsichtig ist, nicht nur in der Fraktionsklausur, sondern auch in den Ausschüssen des Rats ausgiebig diskutiert worden war, blieb eine weitere Aussprache am Mittwoch aus.

Der Etat für 2021 war übrigens nicht nur der letzte für OB Küper, sondern auch für dessen langjährigen Kämmerer Diethard Opel, der in den Ruhestand geht. Zum 1. Oktober wird die Stelle neu besetzt. Wie inoffiziell zu erfahren war, wird eine junge Frau aus der Region die „Sachgebietsleitung Finanzen“ übernehmen.

Nur noch vierköpfig ist die Naumburger Gemeinderatsfraktion der Partei Die Linke. Wie während der Gemeinderatssitzung im Euroville verkündet wurde, ist der Bad Kösener Marno Scherling aus der Linken-Fraktion ausgetreten. Eine Begründung wurde dazu vom Gemeinderatsvorsitzenden Jörg Schütze (CDU) nicht gegeben. Scherling werde nun als fraktionsloses Mitglied im Rat verbleiben. In der Sitzung am Mittwoch fehlte Scherling aufgrund seines Geburtstages entschuldigt.

Ortsbürgermeister (Wettaburg/ Meyhen/Beuditz)  Andreas Keßler
Ortsbürgermeister (Wettaburg/ Meyhen/Beuditz) Andreas Keßler
(Foto: Torsten Biel)

Schnelles Internet: An vielen Stellen in Naumburg und in den Ortsteilen liegt es schon an, vielerorts wird aber noch auf eine Freischaltung gewartet. Zum aktuellen Breitbandausbau gab Bernward Küper in seinem letzten „Bericht des Oberbürgermeisters“ bekannt, dass die Tiefbaumaßnahmen durch die Telekom jetzt, also Ende Juni, abgeschlossen werden. Dies habe man so von der Telekom mitgeteilt bekommen, sagte Küper. Wann die verlegten Leitungen aber freigegeben werden, sei noch offen. „Die Aktivierung soll kommen“, so Küper, der es bedauerte, dazu noch keine konkreteren Angaben von der Telekom erhalten zu haben. Dringend ist das Problem vor allem in Beuditz und Wettaburg. Wie Ortsbürgermeister Andreas Keßler zu berichten wusste, konnten die dortigen Einwohner bisher auf einen Anbieter von Funk-DSL zurückgreifen. Dieser sei aber insolvent, und bestehende Verträge wurden gekündigt. Wie Bernward Küper zusicherte, werde die Stadtverwaltung noch einmal das Gespräch suchen, um eine möglichst zügige Lösung zu erreichen.