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Besonderer Besuch im Bergfried

Von HELGA HEILIG 07.07.2010, 15:41

FREYBURG. - Zu Tränen gerührt ist Brigitta Dettloff, als sie im Bergfried "Dicker Wilhelm" vor der Seereisekiste ihres Vaters steht. Die 80-Jährige ist die jüngste Tochter des Museumsgründers und -leiters von Schloss Neuenburg, Otto Krauschwitz (1886 bis 1938). Sie ist eigens aus ihrem Wohnort Bielefeld angereist, um sich die aktuelle Sonderausstellung zum 75-jährigen Jubiläum des Museums Schloss Neuenburg (wir berichteten) anzusehen. Im Verlauf des Ausstellungsrundgangs mit Museumsleiter Jörg Peukert und Kustodin Kordula Ebert kommen bei der Besucherin unzählige Erinnerungen an ihre Kindheit in Freyburg und und später in Naumburg hoch.

Tochter des Museumsgründers

"Obwohl ich schon 1954 nach Bielefeld gezogen bin, hängt mein Herz immer noch an der Neuenburg und der Region", versichert sie. Und das, trotz der Tatsache, dass die Jahre, die sie hier zubrachte, nicht die besten in ihrem Leben waren. "Mein Vater war welterfahren, aber er hat von Freyburg und der Umgebung geschwärmt, und ich habe das übernommen." Brigitta Dettloff erzählt vom Krieg. Sie wohnte damals mit der verwitweten Mutter und der Schwester auf der Neuenburg. "Selbst im Luftschutzkeller hörten wir die Bomber. Sie setzten so genannte Tannenbäume über der Neuenburg, um sie als Orientierungspunkt zu erleuchten." Gerade acht Jahre alt war sie, als der Vater starb. Die Mutter, mit 29 verwitwet, führte das Museum bis 1941 weiter. 1945 wurden die Museumsbestände erst durch die Amerikaner, dann durch die Russen, aber auch durch die Freyburger, geplündert. Nur ein kleiner Teil der Sammlung von Otto Krauschwitz konnte gerettet werden. "Wenn mein Vater damals noch gelebt hätte, hätte er niemals erlaubt, dass hier geplündert wird", schätzt Frau Dettloff. Ein Großteil der Speere aus der Südseesammlung sei über die Mauern geschossen worden. Säbelreste wurden bei Grabungen nach der Wende im Erdreich gefunden, auch in der Unstrut fanden sich Exponate - allerdings erheblich beschädigt. Die Reste der Sammlung sind nun im "Dicken Wilhelm" zu sehen. Es handelt sich um diverse Stücke, die Otto Krauschwitz von seinen Forschungsreisen als Obervermessungsdeckoffizier der Kaiserlichen Marine in die Südsee mitgebracht hatte. Darunter befindet sich unter anderem ein unscheinbares Fläschchen, das einst einen wertvollen Inhalt barg: Südseewasser, aus dem Philippinengraben, geborgen aus 7 673 Metern Tiefe. Auch diese Flasche erkennt Frau Dettloff wieder sowie einige Familienaufnahmen und Porträts ihres Vaters. Ein Großteil der gezeigten Stücke ist im Besitz des Neffen von Frau Dettloff, Dr. Holger Schwarzer. Er hat sie als Leihgaben zur Verfügung gestellt.

Die Sonderausstellung zum 75-jährigen Bestehen des Museums Schloss Neuenburg im Bergfried "Dicker Wilhelm" ist dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr geöffnet.