Bedeutender Künstler in Naumburg Wie es leuchtet
Kunsthalle Naumburg zeigt Ausstellung „Passage“ mit Arbeiten von David Schnell. Fenster des Künstlers gibt es bereits in der Johanneskapelle auf dem Domfriedhof.
Naumburg/MZ - Da ist der kleinen Kunsthalle Naumburg ein großer Wurf gelungen: die Ausstellung „Passage“ mit Werken von David Schnell. Der, 1971 in Bergisch Gladbach geboren, lebt in Leipzig und ist einer der angesagtesten zeitgenössischen Künstler in Deutschland.
Er hat an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig studiert, war Meisterschüler bei Arno Rink. Schnell wurde ihm und einigen Kollegen das Label „Neue Leipziger Schule“ aufgedrückt. Wogegen er sich – „Schublade“! – erst gesträubt, jetzt aber seinen Frieden damit gemacht hat. Er habe sich freigeschwommen, sagt Schnell.
Befreundet ist er mit Richie Riediger, ebenfalls Künstler und Betreiber der Galerie in Naumburg. Der also hat Schnell in die Domstadt geholt, in seinen Raum voller bunter, interessanter Kunst.
David Schnell ist in Naumburg kein Unbekannter. Zur Ausstellung „Glanzlichter“, die 2014 zeitgenössische Glasmalerei im Dom präsentierte, schuf der Künstler in der kleinen Johanneskapelle auf dem Domfriedhof zwei Fenster. Die Entwürfe dazu sowie weitere Arbeiten, vorwiegend Grafiken, sind noch bis zum 20. Oktober in der Kunsthalle zu sehen.
Landschaft als Architektur
An einer Wand, mehr gibt der Platz in der kleinen Galerie nicht her, sind die Arbeiten versammelt. In der Mitte ein Leuchten: „Musterfeld“, die erste Glasarbeit Schnells aus dem Jahr 2012, 80 mal 60 Zentimeter groß, ein Blickfang. „Echt Antikglas in mehreren Stufen geätzt, auf Floatglas laminiert, mit Schmelzfarben bemalt“, so die technische Beschreibung. Flüchtig betrachtet, streben Baumstämme ohne Kronen in einen blauen Himmel, am Boden könnten Wiesenfleckenschimmern.
David Schnell hat sich immer wieder der Landschaft angenommen, in unterschiedlichen Techniken, aus vielerlei Perspektiven. Aber: Landschaft, dargestellt als Architektur. Und umgekehrt. „Ich habe gegen Ende meines Studiums begonnen, mich damit zu beschäftigen, in der Landschaft rund um Leipzig. Mich hat ihr artifizieller Aspekt interessiert, die Tagebaue, die Agrargebiete, die Fichtenfelder“, sagt Schnell. Das hat er fortgeführt. Immer mit dem Hintergedanken, das Menschengemachte wieder zu zerstören, umzuwandeln.
Daher also Landschaft und Architektur, Aufbau und Zerstörung. Dargestellt in seinen Arbeiten durch Fluchten, Säulen und Pfeiler, durch Räume. Hohe, oft sakrale Räume. „Camera“ zum Beispiel, eine Aquatinta-Radierung, zeigt fast als Mittelpunkt einen Altar. Dahinter, auf den ersten Blick, Kirchenarchitektur, Säulen. Oder doch ein Wald?
Schnell springt in seinen Arbeiten zwischen Abstraktion und gegenständlicher Malerei hin und her und lässt damit großen Interpretationsspielraum. Die Motive ähneln sich. Schnell möge es, sagt er, gleiche Motive in unterschiedlichen Techniken zu zeigen, mal mit einem unvermuteten Lichteinfall, mal mit übereinandergelegtem Glas, dann in schwarz-weiß.
Diese Fenster!
Die Kunsthalle präsentiert auch die zwei Entwürfe für die Fenster in der Johanneskapelle des Doms. Die ist Teil zwei der Ausstellung und derzeit extra geöffnet, normalerweise ist sie verschlossen.
Als besonderen Schatz bezeichnen die Domstifter die im 13. Jahrhundert errichtete Kapelle mit ihrem Gewölbe in drei Jochen mit kunstvoll gearbeiteten Schlusssteinen und Laubkapitellen, die ansonsten leer ist. Aber da sind diese Fenster! Nicht dafür gedacht, Licht hineinzulassen, dafür sind sie zu dunkel.
Nein, die Fenster selbst sind das Licht, eines vorwiegend blau, das andere eher rot. Feuer und Wasser, befand ein Kritiker seinerzeit. Naja, sagt David Schnell, sein Konzept sei das ursprünglich nicht gewesen, er sei assoziativer an die Sache gegangen.
„Ich habe bei dem blauen Fenster an Johannes den Täufer gedacht, daher das Wassermotiv als rudimentär abstrakte Assoziation.“ Dem „Herunterlaufen“ des Motivs habe er mit dem zweiten Fenster etwas entgegensetzen wollen: „Dort gibt es einen strengen dynamischen Verlauf, in einer zackigen Bewegung, von unten nach oben. Mit einem landschaftlichen Anklang wie bei einem Feld an einem sehr heißen Sommertag.“
David Schnell mag es, wenn sich die Betrachter in seinen Bildern mit ihren offenen Räumen verlieren. Besonders gelingt das bei dem blauen Fenster: Da schillert nicht nur Wasser. Da lockt die Ewigkeit.
Dass es gelungen ist, David Schnell für die Ausstellung zu gewinnen, ist ein Glückstreffer. Die Kunsthalle ist nicht groß, auf gerade einmal zwölfeinhalb Quadratmetern zeigt sie die Kunst. Seit einem Jahr gibt es die Galerie, sechs Ausstellungen hat sie bereits gezeigt.
„Passage“, Kunsthalle Naumburg, bis 20. Oktober, Mi – So 15 bis 18 Uhr.