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ANGEBOT ANGEBOT: Bus nach Ziegelheim

09.09.2012, 13:07

Naumburg. - Freiwillig geht wohl keiner in den Knast, es sei denn, dieser lädt dazu ein - und das mit Rückkehrgarantie. Gestern war das so. Schätzungsweise 2 000 Menschen haben die Justizvollzugsanstalt Naumburg besucht, die zu einem Tag der offenen Tür geladen hatte. Eine Chance, die sich viele nicht entgehen lassen wollten, denn wann kann man schon mal ungestraft in ein Gefängnis gucken? Ende des Monats schließt jenes in Naumburg, fast alle der zuletzt 130 Insassen sind in die JVA von Volkstedt, Halle und Dessau verlegt worden. Nur vier sind noch mit dem Aufräumen beschäftigt.

Ein bisschen wie Volksfest

Die bekamen die Besucher gestern nicht zu Gesicht, wohl aber mit dem unter Denkmalschutz stehenden ehemaligen Schwurgerichtsgebäude und dem Zellen-Haus 1 einen Großteil der Gefängnisanlage. Und in der tummelten sich die Menschen wie bei einem Volksfest, es wurde ausgeschenkt, Erbsensuppe aus der Gulaschkanone gab es auch. Die Führungen, die die JVA angeboten hatte, waren gut besucht, viele der Besucher hatten sich extra angemeldet. "Als unsere Telefonnummer im Tageblatt stand, klingelte es ununterbrochen. Darf ich meine Oma mitbringen und meinen Hund - wir hatten alle Hände voll zu tun", weiß Jürgen Wagner, Leiter der JVA Volkstedt und somit auch für dessen Außenstelle Naumburg verantwortlich. 1 000 Insassen habe das Gefängnis zu DDR-Zeiten gezählt, nach der Wende bis zu rund 200, berichtetet er den Gästen, verweist auf das im historischen Gebäude mit der Wand verankerte Groß-Gemälde von Eduard Bendermann, um das es wegen seiner Zukunft zuletzt reichlich Diskussionen in der Öffentlichkeit gegeben hatte (Tageblatt / MZ berichtete). Und er verlieh seiner Hoffnung Ausdruck, dass die Stadt Naumburg die bald leerstehende Immobilie erwerben werde, vielleicht für kulturelle Zwecke. "Hier könnte die Theaterbühne stehen", zeigt er in den Saal. Zukunftsmusik, denn die Intendanz des Theaters Naumburg hatten sich zuletzt auch wegen hoher Investitionskosten vorsichtig ablehnend geäußert.

Das Zellengebäude 1 war schon ordentlich aufgeräumt, nur eine Musterzelle blieb komplett eingerichtet. Durch die Flure streiften auch Marie Juraske und Christopher Hecklau aus Naumburg. "Wir haben ein bisschen mehr erwartet, so richtig wie ein Gefängnis sieht's hier nicht aus", meinten die beiden Jugendlichen.

Festnetztelefon für einen Euro

Zufrieden schauten Daniela Voigt und Markus Joch. Sie haben für je einen Euro ein altes Festnetztelefon des zum Verkauf stehenden JVA-Mobiliars erworben. Das meiste davon war zuvor allerdings schon bei einer Auktion über den Tisch gegangen, der Rest - so Tische, Stühle und Bänke - war bis zum Mittag verkauft. Nur die Seifenspender wollte keiner. Für JVA-Mitarbeiterin Silke Schuster gab's da nicht mehr viel zu tun. Auch generell nicht, denn die Naumburgerin wechselt noch diesen Monat zur JVA nach Halle. Anders als Frank Weniger, der die Besucher auf Wachturm 1 ließ. Seine neue Arbeitsstelle hat er in der JVA Raßnitz. Weitere seiner Kollegen gehen nach Burg. Bislang waren 80 Beamte in Naumburg tätig. Spätestens am 1. Oktober soll die Anlage besenrein übergeben werden.