Am Rande Am Rande: Feste und Zwillinge

Jahrestage stehen in Zeuchfeld in diesem Jahr etliche ins Haus. Zum Chronikabend gab Ortschronist Paul Jänicke jüngst schon mal die Marschrichtungszahlen aus. Darunter ist das erste verbürgte Datum aus der Ortsgeschichte, nämlich die urkundliche Ersterwähnung des Ortes vor 1025 Jahren. Am 19. Januar 991 hatte Kaiser Otto III. in einer Urkunde unter den Besitzungen des Klosters Vitzenburg sechseinhalb Hufen in „Zuchibuli“ erwähnt. Das, so Chronist Jänicke, war damals der aus dem Slawischen stammende Name von Zeuchfeld.
Geplant ist, den Jahrestag der Ersterwähnung im Sommer zum alljährlichen Teichfest zu begehen. Auch dieses Fest, so erinnerte Jänicke, hat 2016 einen runden Jahrestag - seit 40 Jahren wird es gefeiert. Der 24-Jährige führt die Zeuchfelder Dorfchronik. Und er lässt die Zeuchfelder regelmäßig wissen, was seine Recherchen zur Ortshistorie erbracht haben. Jüngst hatte der Heimatverein zum dritten Chronikabend eingeladen.
Von einem Ortschronisten hat man gemeinhin dieses Bild: Ein Ruheständler, der sich nun, da er die Zeit dafür hat, mit der Heimathistorie befasst. Diesem Klischee entspricht der junge Zeuchfelder in keiner Weise. 24 ist er, und auf die Geschichte seines Dorfes, die ihn schon als Kind interessiert hat, ist er auch heute noch neugierig. Er widmet sich ihr mit großer Akribie neben seinem Chemiestudium an der Martin-Luther-Universität in Halle, in welchem er derzeit seine Masterarbeit schreibt.
Schon als Kind von alten Handschriften fasziniert
Die Ortsgeschichte hat es ihm angetan, weil er sich ganz allgemein für Geschichte interessiert, weil ihn alte Handschriften faszinieren und weil er sich seinem Heimatort verbunden fühlt. Als Kind, so berichtet er, habe er immer wieder seine Großmutter ausgefragt, wer in welchem Haus im Dorf gewohnt hat, welche Berufe es gab. Später hat er seine Erkundungen ausgedehnt, weitere Zeuchfelder befragt, Interviews geführt. „Wenn im Dorf ein Fest ist, dann setzt sich irgendwann der Paul zu dir und bittet dich zu erzählen. Und dann saugt er alles mit großem Interesse regelrecht auf“, schildert Gerald Albrecht, ein alteingesessener Zeuchfelder. Von Paul Jänickes Interesse für die Ortsgeschichte wissen alle im Dorf. Deshalb hatte auch Manuela Otto, die Vorsitzende des Zeuchfelder Heimat- und Kulturvereins, dem jungen Mann vor drei Jahren das dicke Chronikbuch übergeben, das nach der Eingemeindung des Dorfes nach Freyburg im Jahr 2009 vom letzten Zeuchfelder Bürgermeister Wolfgang Koschel an den Heimatverein weitergereicht worden war.
An die 100 Interessierte waren zum Chronikabend in den Gemeindesaal gekommen, nicht nur Zeuchfelder, auch frühere Einwohner, die heute anderswo zu Hause sind. Und selbstverständlich waren fast alle Vereinsaktiven des Dorfes versammelt. Die kommen aus dem Heimatverein, dem Pfingstburschenverein und der Feuerwehr - und viele der Männer gehören allen drei Gruppierungen an.
Dorfchronist Paul Jänicke berichtete, was er im Laufe des vorigen Jahres in Archiven in Merseburg, Halle, Magdeburg und Dresden aus vergangenen Jahrhunderten zusammengetragen hatte. So zum Waldbestand in der Zeuchfelder und angrenzenden Freyburger Flur. Natürlich war da vom Herzoglichen Jagdschloss Klein Friedenthal die Rede, und von der Waldschenke im Waldstück Alte Göhle, die, so schildert es Jänicke, bis in die 1950er Jahre bewirtschaftet und Treffpunkt und Feierstätte der Dorfjugend war.
Lebhaft wurde es, als sich Chronist Jänicke der jüngeren Geschichte zuwandte. Da ist beispielsweise von einem Ausflug der damaligen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) ein Belegschaftsfoto auf einem Spreewaldkahn überliefert. Gemeinsam wurde nun identifiziert, wer da alles drauf ist. Der Name einer Dame mit Hut in der letzten Reihe allerdings konnte nicht ermittelt werden. Die bekannteste Zeuchfelder Hutträgerin aus heutiger Zeit jedenfalls kann es nicht gewesen sein - Pia-Dolores Stoye, bekannt für ihre schmucken Kopfbedeckungen, ist erst in den 1970ern nach Zeuchfeld gezogen.
Auch als es darum ging, die Amtszeiten der einstigen LPG-Vorsitzenden zu ermitteln, waren die Gäste im Saal gefragt. Bemerkenswert: In dem Dorf hatte es zeitweise zwei LPG gegeben, die 1958 gebildete LPG „Frieden“ und die gut ein Jahr später gegründete LPG „Vereinte Kraft“. 1961 wurden sie offiziell zur „Friedenskraft“ zusammengelegt. 1974/76 schlossen sich dann die LPG von Freyburg, Schleberoda und Zeuchfeld zusammen. Man kann - was an diesem Abend nicht geschah - die Geschichte der Landwirtschaft in Zeuchfeld über das Jahr 1990 hinaus fortschreiben. Heute sind drei Landwirtschaftsbetriebe im Dorf ansässig - die GbR der Brüder Armin und Gerald Albrecht, der Landwirt und Winzer Eberhard Hage und Heinz Krüger, der im Vertragsnaturschutz tätig ist.
Mit rund 540 Hektar ist Albrechts Betrieb der größte. Neben dem Pflanzenbau betreiben die Brüder Albrechts an den Standorten Eulau und Dobichau Muttertierhaltung. Hage wirtschaftet auf knapp 100 Hektar und hat 1994 das Weingut Dr. Hage etabliert, das nach Winzervereinigung und Landesweingut mit 20 Hektar die drittgrößte Rebfläche der Region vorzuweisen hat. Krüger, inzwischen im Ruhestand, bewirtschaftet weiterhin 15 Hektar im Vertragsnaturschutz, darunter Streuobstwiesen am Naumburger Berg in Zeuchfeld sowie auf dem Haineberg und unterhalb des Schweigenberges in Freyburg. Aus den Äpfeln der Streuobstwiesen lässt Krüger Saft pressen. Im vergangenen Jahr waren es 600 Liter, im Jahr davor hingegen war das wegen zu geringen Ertrages schlicht ausgefallen.
Dass die Landwirtschaft in Zeuchfeld von jeher von besonderer Bedeutung war, kommt im Übrigen auch im geschnitzten Altarschrein der Zeuchfelder Kirche zum Ausdruck: Dort wird Maria mit dem Kind von vier Heiligen flankiert - Georg und Margaretha, Barbara und Bartholomäus. Vier Heilige, die alle einen besondere Beziehung zum bäuerlichen Leben und Arbeiten aufweisen, stellte Freyburgs früherer Pfarrer Lenz in seinen Aufzeichnungen zur Zeuchfelder Kirchengeschichte fest. Das jüngste herausragende Ereignis für Zeuchfelds Kirche übrigens war die Renovierung ihrer Orgel. Deren Abschluss jährt sich am 14. Mai zum zehnten Mal, womit dann auch die Pfingstburschen für ihr Treiben auf einen Nuller-Jahrestag Bezug nehmen könnten.
Zu Beginn des Chronikabends war die Heimatvereinsvorsitzende Manuela Otto zur Wiederwahl beglückwünscht worden. Der Heimatverein, der für die meisten Aktivitäten im Dorf den Hut auf hat, ist 2008 gegründet worden, kurz bevor Zeuchfeld nach Freyburg eingemeindet worden war. Freyburgs Bürgermeister Udo Mänicke hatte darauf gedrängt, für den Gemeindesaal und das Gemeindehaus, die der Gemeinde gehören, Nutzungsverträge abzuschließen.
Am ersten Sonntag im Monat ruft die Feuerwehr zur Ausbildung
Die Feuerwehr, weitere wichtige Kraft im Ort, hat erst dieser Tage ihre Einsatzbereitschaft unter Beweis gestellt, als sie die Löscharbeiten bei einem Brand in Freyburg unterstützte. Dort waren nicht zuletzt die Kameraden willkommen, die die Befähigung zum Tragen von Atemschutzgeräten haben, schildert Wehrleiter Thomas Schöppe. Jeden ersten Sonntag im Monat treffen sich Zeuchfels Feuerwehrleute zur Ausbildung. Ansonsten waren die 17 Aktiven in den vergangenen Jahren in Zeuchfeld selbst von größeren Bränden verschont geblieben. Im vergangenen Jahr habe man da lediglich einen nach einem Blitzschlag in Brand geratenen Baum löschen müssen, berichtet Schöppe.
Und um die runden Jahrestagevollständig zu nennen: Die Wiedereröffnung des Gemeindesaales ist in diesem Jahr 40 Jahre her, seit 60 Jahren gibt es eine Wasserleitung im Dorf und vor 260 Jahren war eine Schule gebaut worden.


