Wo der Bienenfresser brütet
Braunsbedra/MZ. - Seekrank wird man also noch nicht bei diesem Ausflug der besonderen Art, dafür aber bisweilen kräftig durchgeschüttelt. Denn die für den öffentlichen Verkehr gesperrten Wege sind natürlich nicht asphaltiert. Zunächst aber geht es noch sehr bequem von Braunsbedra zum Großkaynaer See. Reiseführer Siegfried Hanke will der Gruppe ein positives Beispiel für eine Bergbaufolgelandschaft zeigen.
Tatsächlich sorgen heute Yachthafen, Surfschule und Badestrand dafür, dass sich für den Betrachter die Vergangenheit im früheren Tagebau Großkayna mit der Kohleförderung zwischen 1908 und 1965 nur noch schwer nachvollziehen lässt. Die vielen Fische zeugen von der guten Wasserqualität. Auch ein Reiher lässt sich gerade blicken. "So muss man sich mal den Geiseltalsee vorstellen", zeigt Siegfried Hanke in die Runde. "Nur in anderen Dimensionen."
Weiter geht es. Die Kormoran-Kolonie am Runstedter See bleibt rechts liegen. Nächster Stopp ist die sprudelnde Flutungsstelle bei Frankleben am Ostufer des bald größten Sees in Sachsen-Anhalt. An dieser Stelle werden einmal anderthalb Meter hohe Wellen ans Ufer peitschen. Zahllose Sträucher und Bäume stehen schon im Wasser. Das Grün geht nach und nach unter und verschwindet. 1,2 Milliarden Tonnen Kohle wurden hier einst abgebaut und genauso so viel Abraum bewegt. Das schwarze Gold war von guter Qualität. Dennoch wurde 1993 die Produktion eingestellt.
Es folgten Rückbau von Gleisen, Großgeräten und Gebäuden, Begrünung und Aufforstung, aber vor allem das Anlegen von rund 40 Kilometer Böschungen. Dumper und Planierraupen leisteten ganze Arbeit. So mancher Weg endet jetzt im Nichts. Die Gruppe versucht sich mühsam vorzustellen, wie es wohl aussah, das "Olympische Dorf" mit der Geschäftsleitung mitten im Tagebau. Den eigenwilligen Namen erhielt es übrigens, weil die Arbeiten dafür zur Zeit der Olympischen Spiele 1964 stattfanden.
Die Kippe Klobikau mit ihrem Weinberg und die Wetterschutzhütte des Interessen- und Fördervereins auf der künftigen Halbinsel werden angefahren. Jetzt kommen besonders die Naturliebhaber auf ihre Kosten. Nicht nur, dass sich der Tagebau mit seinen Wasserstellen in zahllosen Farben von frischem Grün bis zu tiefem Schwarz präsentiert. Wildschweine und Rehe fühlen sich hier längst ebenso wohl wie Orchideen, Libellen und 100 verschiedene Vogelarten. Selbst den Bienenfresser hielt es nicht mehr am Mittelmeer. Der Vogel, der so bunt ist wie ein Papagei, hat seine neue Heimat im Geiseltal gefunden.