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Wasserversorgung Merseburg Wasserversorgung Merseburg: Der nasse, weite Weg

Von martin walter 21.09.2012, 18:15

merseburg/MZ. - Ein Mann hat die Wasserversorgung Merseburgs genau untersucht, und zwar nicht nur deren gegenwärtige Situation, sondern auch ihre geschichtliche Entwicklung. Horst Wingrich studierte Bauwesen an der Technischen Universität in Dresden, woraus sein Interesse für das feuchte Element und dessen Transport entstand, wie der ehemalige Professor erklärte: "Ein Teil meines Studiums, der mich sehr angesprochen hat, war der Tiefbau. Deshalb habe ich mich später auf die Wasserversorgung spezialisiert und Forschung auf diesem Gebiet betrieben. Da Geschichte ebenfalls ein Hobby von mir ist, habe ich auch die Entwicklung des Trinkwasser-Transports im Laufe der Zeit analysiert."

Inzwischen wohnt Wingrich, der in Leipzig geboren ist, in Bad Lauchstädt, einer Stadt, die wohl wie kaum eine zweite für ihr Trinkwasser und den Brunnen bekannt ist. Seit 2004 ist er im Ruhestand. Die neu gewonnene Freizeit hat der Rentner für seine Passion genutzt: "Seit über fünf Jahren habe ich diverse historische Quellen gesammelt und ausgewertet und die Ergebnisse in einem Buch zusammengetragen."

"Die historische Wasserversorgung von Merseburg" ist im Sax-Verlag erschienen und enthält neben den Ausführungen viele alte Dokumente, Skizzen, Bilder und Fotos. Anlässlich der Veröffentlichung hielt Wingrich einen Vortrag in der Merseburger Stadtbibliothek "Walter Bauer" vor vielen interessierten Besuchern.

Einer von ihnen war Clemens Staube. "Ich studiere seit einem Jahr Maschinenbau an der Merseburger Hochschule und möchte gerne mehr über die Stadt erfahren. Gerade das Thema Wasserversorgung interessiert mich sehr. Vor allem, da es nicht alle Menschen so gut haben wie wir und sauberes Wasser direkt aus ihren eigenen vier Wänden beziehen können", erklärte der 24-Jährige.

Der Vortrag begann mit den Anfängen der Siedlungsgeschichte im Raum Merseburg: "Die Wasserentnahme geschah anfangs ausschließlich aus Saale, Geisel und Klia. Im Mittelalter begann dann der Bau der ersten Brunnen. Mit 430 Jahren ist der Klosterbrunnen wohl der älteste und einer der bekanntesten der Stadt. Aber kaum ein Merseburger weiß, dass es in der Stadt 30 öffentliche Brunnen sowie viele Hausbrunnen gab, wahrscheinlich über 500", erklärte Wingrich und brachte damit die Besucher zum Staunen.

1738 begann der Bau der Wasserkunst, einem System zur Förderung, Hebung und Führung von Wasser, das Dom, Schloss sowie viele anliegende Grundstücke mit Wasser aus der Saale versorgte. Seit Ende des 19. Jahrhunderts erfüllten die Wasserwerke Werder und Rössen diesen Zweck knapp 90 Jahre.

In dieser Zeit wurde auch der Turm der Sixtikirche in einen Wasserspeicher umgewandelt, der 1 000 Kubikmeter Wasser speichern konnte. Heutzutage wird der Mitteldeutsche Raum mit Fernwasser aus den Elbauen und dem Ostharz versorgt.

Clemens Staube war am Ende begeistert: "Ich finde es beeindruckend, welche Entwicklung die Wasserversorgung in den vergangenen Jahrhunderten durchgemacht hat. Herr Wingrich hat das sehr gut rübergebracht, und ich werde wohl sicher daran denken müssen, wenn ich das nächste Mal den Wasserhahn aufdrehe", schmunzelte der Student.