Tauben Tauben: Ohne Gift und Luftgewehr

MERSEBURG/MZ - Hat sie eine weiße Weste, könnte sie als Friedenstaube durchgehen. Doch der Friede ist dahin, wenn die Taube grau und eine verwilderte Haustaube ist. Viele Anwohner von Merseburg haben bereits unfreiwillig Bekanntschaft mit Unmengen von Taubenkot gemacht oder die Tiere als Besucher auf ihren Balkonen gehabt.
Die Gebäudewirtschaft hat sich im Namen ihrer Mieter bereits ans Ordnungsamt der Stadt und an das Gesundheitsamt des Kreises gewandt (die MZ berichtete am 13. März). Denn Tauben verursachen nicht nur Schäden an Gebäuden. Diese Stadttauben können nach Expertenmeinungen bis zu 80 verschiedene zum Teil schwere Infektionskrankheiten übertragen - Listeriose, Toxoplasmose, Salmonellose, Vogeltuberkulose oder auch Ornithose, etwas, das einer Vogelgrippe ähnelt. Die Keime und Bakterien stecken zum Beispiel im Taubenkot, der sich gut getrocknet prima über die Luft verteilen kann. „Deshalb sind derartige Tauben auch als gesundheitsgefährdender Faktor einzustufen“, sagt Helmut Jänicke, der Sachgebietsleiter Hygiene beim Gesundheitsamt des Saalekreises. Im Infektionsschutzgesetz von Sachsen-Anhalt und auch von Mecklenburg-Vorpommern gelten Stadttauben daher als Schädlinge. Allerdings werden sie auch durch das Tierschutzgesetz geschützt.
Betrachtet man den Saalekreis im Ganzen, gibt es sicherlich kein Taubenproblem. Auch nicht wenn man sich die gesamte Stadt Merseburg anschaut. „Aber es gibt natürlich bestimmte Schwerpunkte mit einer erhöhten Taubenpopulation.“
Aber wer ist schuld daran, dass es an bestimmten Orten mehr verwilderte Haustauben gibt, als vielleicht gut ist? Ganz klar - wir Menschen. „Tauben fühlen sich dort wohl, wo sie ein Nistangebot haben und wo sie ausreichend Futter bekommen“, sagt Jänicke. Was man gegen die Tiere tun kann? „Einiges, allerdings reden wir nicht vom Töten, denn das darf nur in wirklich außergewöhnlichen Fällen geschehen“, so der Hygienefachmann. Um die Taubenpopulation einzudämmen, müsse man konservative Wege wählen - ohne Gift und Luftgewehr. „Verantwortlich sind in jedem Fall die Grundstückseigentümer.“
Bekommt das Amt also einen Hinweis auf eine größere Ansammlung von Tauben, wird Silke Kupfer aktiv. „Wir sehen uns das Problem vor Ort an und weisen den Eigentümer des Hauses oder Grundstücks darauf hin, dass er geeignete Maßnahmen ergreifen muss“, erklärt die Hygienekontrolleurin. Das können zum Beispiel Spikes (Metallstäbe) auf dem Dach oder auf Fenstersimsen oder auch Netze vor Balkonen oder am Dach sein. „Leerstehende Häuser sind allerdings in solchen Fällen das Schlimmste, was uns passieren kann“ gibt Jänicke zu bedenken. „Offene Fenster sind ideale Brutmöglichkeiten, und auch hier sind die Eigentümer in der Pflicht.“ Oftmals sei der Aufwand gar nicht besonders groß. „Die Häuser müssen einfach taubendicht gemacht werden - Fenster zu und Einflugschneisen weg.“ Nur durch solche Maßnahmen könne die Taubenpopulation dauerhaft minimiert werden.
Außerdem gelte: Füttern verboten. „Wer irgendwo am Teich die Enten füttert, füttert auch Ratten und wilde Tauben. Wer die Singvögel mit Nahrung versorgt, zieht natürlich auch die Tauben an“, appelliert Jänicke an die Anwohner, weniger zu füttern. „Wer selbst den Sommer durch füttert - das ist falsch verstandene Tierliebe. Mutter Natur hält im Normalfall genug Futter bereit.“
E-Mail: Hinweise auf große Taubenpopulationen an [email protected], Betreff „Tauben“