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Stadträte fordern Transparenz Stadträte fordern Transparenz: Wurde beim AZV-Merseburg mit Gebührengeldern spekuliert?

Von Undine Freyberg 13.02.2020, 09:06
Hat der Abwasserzweckverband (AZV) Merseburg durch Derivatgeschäfte mit Gebührengeldern spekuliert?
Hat der Abwasserzweckverband (AZV) Merseburg durch Derivatgeschäfte mit Gebührengeldern spekuliert? Caro / Hoffmann

Merseburg - Nach Bekanntwerden der Information, dass der Abwasserzweckverband (AZV) Merseburg möglicherweise in sogenannte Derivatgeschäfte verwickelt ist und vom Landesrechnungshof unter die Lupe genommen wurde, brodelt es in der Domstadt.

Wie risikoreich sind die Derivatgeschäfte der AZV?

Vor allem die Stadträte machten ihrem Ärger Luft. In der Hauptausschusssitzung des Stadtrates hatte Merseburgs Oberbürgermeister Jens Bühligen (CDU) den Räten den Jahresbericht 2019 des Landesrechnungshofes zur Verfügung gestellt. Laut diesem will der Landesrechnungshof beim AZV Belege für zehn Derivatgeschäfte gefunden haben. Kredite in Höhe von 55 Millionen Euro sollen über Derivate abgesichert worden sein.

„Wir müssen schnellstens herausfinden, welche dieser Geschäfte noch laufen, wie risikoreich sie möglicherweise sind und so weiter“, sagte SPD-Stadtrat Marcus Turré und kritisierte gleichzeitig, dass man durch keinen Beteiligungsbericht oder ähnliches darüber informiert worden sei, dass der AZV interessante Finanzierungsmodelle bemühe.

Stadträte fordern absolute Transparenz

„In einem AZV-Prüfbericht hätte der Wirtschaftsprüfer das kundtun müssen, damit das finanzielle Risiko richtig eingeschätzt werden kann“, sagte CDU-Fraktionschef Michael Hayn. „Tut der das nicht, kann das auch das Unternehmen selbst tun. Ein einziger Satz genügt.“ Ihm sei nichts dazu aufgefallen. „Damit wir als Stadträte unsere Arbeit tun können, fordern wir deshalb absolute Transparenz.“

Mit einem Derivat spekuliert man darauf, ob der Preis eines bestimmten Finanzprodukts, zum Beispiel einer Aktie - in Zukunft steigen oder fallen wird. Man kann das Ganze vereinfacht auch mit einer Art Wette bezeichnen. Denn beim Wetten wird ja auch Geld auf eine bestimmte zukünftige Entwicklung gesetzt - wenn man dann richtig lag, gewinnt man und wenn man falsch lag, dann verliert man Geld.

AZV Merseburg angeboten, vor Ort Originalakten prüfen und Kopien machen zu können

Ein Landtagsuntersuchungsausschuss beschäftigt sich mit der ganzen Problematik, wird dabei allerdings zum Teil ausgebremst, weil einige Kommunen und Verbände die geforderten Akten nicht oder nur zögernd herausrücken.

Der AZV Merseburg hatte das mit Personalnot begründet und dem Ausschuss angeboten, vor Ort Originalakten prüfen und Kopien machen zu können. AZV-Geschäftsführer Mario Höritzsch hatte der MZ außerdem gesagt, die Anforderung zahlreicher Akten sei im Fall Merseburg „nicht nachvollziehbar“. Der Landesrechnungshof habe 2018 „keine Anhaltspunkte für risikohafte Derivatgeschäfte“ gefunden.

OB Bühligen: In Denkschrift des Landesrechnungshofes keine klare Aussage

Die Landesregierung wollte sich eine solche Hinhaltetaktik nicht länger bieten lassen und beschloss in der vergangenen Woche, dass das Innenministerium als oberste Kommunalaufsicht die Herausgabe der Akten erzwingen darf. Aus Sicht von OB Bühligen, der gleichzeitig Vorsitzender der AZV-Verbandsversammlung ist, gibt es in der Denkschrift des Landesrechnungshofes keine klare Aussage dazu, ob es sich beim AZV Merseburg tatsächlich um kritische Derivatgeschäfte handelt.

„Dort steht - ,es könnte sein’. Aber wir wissen es nicht.“ Man werde das im Abwasserzweckverband besprechen. „Und statt alles selbst prüfen zu lassen und Kosten in fünfstelliger Höhe zu verursachen, werden wir den Landesrechnungshof bitten, nochmal zu kommen und eine konkrete Aussage zu treffen." Michael Hayn hätte sich von seinem Parteifreund eine klarere Aussage gewünscht. „Immerhin wird hier mit dem Geld der Gebührenzahler spekuliert. Geht das schief, werden die Verluste auf sie umgelegt.“ (mz)