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Saalekreis Saalekreis: Wer grün will, sieht oft schwarz

Von DIRK SKRZYPCZAK 05.10.2011, 17:12
Blick auf eine Windkraftanlage. (FOTO: DPA/ARCHIV)
Blick auf eine Windkraftanlage. (FOTO: DPA/ARCHIV) dpa

MERSEBURG/MZ. - Die grüne Strombranche wächst derart rasant, dass die Kapazität der Netze großflächig an ihre Grenzen stößt. Das musste auch die Arctech GmbH aus Sachsen erfahren, die auf einem ehemaligen Militärgelände an der Geusaer Straße in Merseburg einen Photovoltaik-Park errichten will.

Der regionale Versorger Envia-M lehnte eine Stromeinspeisung vor Ort ab und bot dem Unternehmen vielmehr einen Anschlusspunkt am Umspannwerk in Großkayna an. Die zehn Kilometer lange Leitungstrasse hätte Arctech aber selbst zahlen müssen, ein wirtschaftlich unrentables Unterfangen. Also speckt die Firma ihren Park auf 4,5 Megawatt (MW) ab, 15 MW sollen es in den Anfangsplanungen einmal gewesen sein. Das ist zwar immer noch zu viel Saft für die Envia-M, nicht aber für das nahe Mittelspannungsnetz der Merseburger Stadtwerke. Derzeit verhandelt der Projektentwickler mit dem lokalen Netzbetreiber über eine Einspeisung. "Es wird immer schwerer, ein freies Netz zu finden", sagt Frank Korda, Prokurist bei der Arctech.

Noch sind Investoren gegenüber den Netzbetreibern freilich in einer stärkeren Position. "Wir sind verpflichtet, Strom aus erneuerbaren Energien aufzunehmen", sagt Ulf Fötzsch, Sachgebietsleiter Vertrieb bei der Envia Netz. Das kann wie bei der Arctech aber auch ein gutes Stück vom Produktionsstandort entfernt sein - die Netzauslastung ist nicht überall gleich. Reicht die Kapazität der Leitungen generell nicht aus, ist der jeweilige Betreiber laut dem Erneuerbare-Energien-Gesetz dazu verdonnert, das Netz auszubauen - auf eigene Kosten. Die Betreiber dürfen ihrerseits nur Spannung und Frequenz für die Einspeisung vorgeben. "Diese Regelung ist aus unserer Sicht nicht gerecht. Während bundesweit jeder Kunde für Strom aus erneuerbaren Energien zahlen muss, bleiben wir Netzbetreiber auf den Ausbaukosten sitzen. Und letztlich müssen wir diese Kosten an unsere Kunden weitergeben", sagt Ralf Schmidt, Gruppenleiter bei der Envia Netz. Schon heute liegen die Netzentgelte im Osten Deutschlands - auch die im Saalekreis - höher als in den alten Bundesländern. Und so warnt die Wirtschaft, allen voran die chemische Industrie in Leuna, vor einem gravierenden Standortnachteil für die Region. Im ungünstigsten Fall drohen Abwanderungen, weil die Produktionskosten zu teuer werden.

Die Envia-M baut ihr Netz längst aus. So wird das Umspannwerk in Bad Lauchstädt bis Ende des Jahres für eine halbe Million Euro mit einem vierten Transformator ausgestattet, um den vor Ort produzierten grünen Strom aufnehmen und weiterleiten zu können. Und ein Ende ist nicht in Sicht. So suchen unter anderem Investoren aus Süddeutschland in der Region gerade nach großen Dachflächen für weitere Photovoltaik (PV)-Anlagen. Kein Wunder, wird doch der subventionierte Strom aus PV-Parks aktuell mit rund 23 Cent je Kilowattstunde vergütet, festgeschrieben für 20 Jahre. Schon heute liege der Anteil des grünen Stroms in Sachsen-Anhalt bei rund 60 Prozent, so Fötzsch.