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Saalekreis Saalekreis: Schere, Eimer und Butten: So wird Portugieser gelesen

Von REGINA RETZLAFF 03.10.2010, 16:03

STEIGRA/MZ. - Dennoch zieht Elste mit seinen Helfern los in den Weinberg, der sich südlich von Steigra an den Hang schmiegt. In diesem Moment hat kaum einer der freiwilligen Helfer aus dem Freundes- und Familienkreis einen Blick für die im Bau befindliche Unstruttalbrücke, die für den ICE errichtet wird. Wenige hundert Meter weiter werden in einigen Jahren die Züge dann im Osterbergtunnel verschwinden. Am Montag aber muss der Portugieser gelesen werden. 18 Reihen davon stehen auf dem Berg von Steffi und Burghard Elste, die Winzer im Nebenerwerb sind und in Barnstädt ebenfalls im Nebenerwerb ein Weinhaus betreiben. "Der Berg hier ist seit mehr als 30 Jahren in Familienbesitz", erzählt Steffi Elste, die im Hauptberuf Sozialarbeiterin im Jugendamt ist. Hier stehen insgesamt 2 200 Rebstöcke der Sorten Portugieser, Silvaner und Grauburgunder. "Wir haben aber noch einen sechs Hektar großen Berg in Wendelstein, wo Müller-Thurgau, Kerner, Grau- und Weißburgunder wachsen."

Inzwischen ist auch Sohn Clemens mit einigen Freunden im Berg angekommen. Schnell sind Scheren, Eimer und Butten verteilt. "Ich trage", sagt der Junior und schnallt sich die grüne Butte auf den Rücken. Die 22 Helfer beginnen nun ihren "Aufstieg". Rebstock für Rebstock wird von seiner süßen Last befreit. "Wir haben trotz des ungünstigen Wetters in diesem Jahr gesundes Traubengut an den Stöcken", freut sich Steffi Elste, die am Vorabend noch Stunden in der Küche stand, um Kartoffelsalat zu machen, Gehacktesklößchen zu braten und Aprikosen- und Kirschkuchen zu backen. All das kommt auf den Tisch, wenn die Arbeit getan ist. Dazu gibt es Kaffee und natürlich auch Wein. Und dann wird tüchtig zugelangt.

Das wird sicherlich auch Jens Trienke tun, der eine Butte nach der anderen in die großen Behälter auf dem Lkw entleert. "Ich bin das gewöhnt. Ich bin nämlich Dachdecker", schmunzelt der Helfer und stapft schon wieder los, denn die nächsten Eimer sind voll. Hier und da verschwindet auch immer wieder einmal eine Traube im Mund. Auch Winzer Burghard Elste, er arbeitet ansonsten im Motorsportteam von Rüdiger Seyffarth, lässt es sich schmecken. Die Trauben werden am Nachmittag zum Landesweingut nach Kloster Pforte gebracht, wo Elstes ihre Trauben keltern lassen. Nur den Silvaner bringen sie zur Winzervereinigung nach Freyburg.

Die Vermarktung des edlen Rebensaftes übernehmen Elstes selbst. "Otto der Große" heißt ihr Wein, der bei verschiedenen Veranstaltungen präsentiert wird.