Saalekreis Saalekreis: Jetzt beginnt der Austrieb
STEIGRA/MZ. - Die Finger werden klamm, wenn Silke Thonfeld und Thilo Wille frühmorgens in den Weinberg kommen und die letzten Reben niederbinden. Schließlich sind die Nächte noch empfindlich kalt. Die gelernte Winzerin und der Weinbauer vom Agrarunternehmen Steigra können sich dann aber über die nun schon sehr gut wärmende Sonne freuen, die auf den Hang südlich der kleinen Weinbaugemeinde scheint und den Rebstöcken richtig gut tut.
"Jetzt beginnt der Austrieb", freut sich Wille. Der 44-Jährige kümmert sich seit 1990 als verantwortlicher Landwirt um den Weinbau im Unternehmen. Das Jahr 2010 haben die Reben genutzt, um sich von den zwei Wintern davor (2008 / 09 und 2009 / 10) zu erholen, ist vom Fachmann zu erfahren. "Die Fröste haben schon Schäden hinterlassen, die Ertragsausfall nach sich zogen. Im Sommer und Herbst 2010 haben die Pflanzen den vielen Niederschlag dann genutzt, um Nährstoffe aufzunehmen und im Holz zu lagern. Jetzt zehren sie davon", erklärt er weiter. Die Lese im Jahr 2010 brachte übrigens einen Ertrag von 95 640 Kilo, die in die Winzervereinigung nach Freyburg geliefert wurden, wo der Wein auch vermarktet wird. "In der Regel gewinnt man aus einem Kilo Reben eine Flasche Wein", verrät Thilo Wille.
Die Steigraer Winzer sind guter Dinge, dass die Reben sich 2011 prächtig entwickeln, wenn es weiter warm und sonnig ist. Die Knospen schwellen an. "Wir haben Anschnittproben an den Augen gemacht. Es sieht vielversprechend aus, Frostschäden konnten wir nicht feststellen", sagt Wille. Alle Rebstöcke seien kräftig entwickelt. Rückschlüsse auf die zu erwartende Ernte könne man daraus allerdings noch nicht ziehen. "Aber der Grundstein ist gelegt", schmunzelt der erfahrene Winzer.
Wenn die Winterarbeiten, zu denen der Rebschnitt und das Niederbinden gehören, abgeschlossen sind, wird nachgepflanzt. Dort wo Rebstöcke abgestorben sind, kommen neue in den Boden. Das wird in diesem Jahr nicht so viel sein wie in den Jahren zuvor, wo es wegen der strengen Winter starke Stockausfälle gegeben hatte. Um die 400 Stöcke habe man damals nachpflanzen müssen. "Das sind immer Hochstammreben, da müssen wir mit Muskelkraft und Spaten ran." Am anfälligsten seien übrigens die Sorten Müller-Thurgau und Portugieser. Der Ertrag einer Rebe sinke nach 25 bis 30 Jahren jedoch automatisch. "Dann müssen die alten Stöcke wieder den Jungpflanzen weichen."
Das Steigraer Agrarunternehmen baut Wein auf 14,5 Hektar Fläche an. Durch Übernahme von privaten Weinbergen ist die Fläche in den letzten Jahren gewachsen. "Wir nutzen auch Förderprogramme von EU und vom Land, welche Anreiz geben zur Sortenumstrukturierung und Qualitätsverbesserung", erzählt Thilo Wille weiter. So habe man die Reihebreite von 3,50 Meter auf 2,50 Meter reduziert, ernte so zwar weniger von einem Stock dafür aber bessere Qualität. Zudem werden Altanlagen von vor 1990 mit Müller-Thurgau und Portugieser erneuert.
Der Weinbau hat in den 1960er Jahren in der damaligen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) Steigra begonnen. Und er wurde auch nach der Wende nicht eingestellt. "Wir haben einen technisch sehr hohen Standard erreicht", sagt Wille stolz. "Unterstockbodenbearbeitung, Heftarbeiten, Konturenschnitt und Ernte sind mechanisiert. Zuletzt haben wir eine hochmoderne Pflanzeschutzspritze angeschafft, mit der effizienter und umweltgerechter gearbeitet werden kann."