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Saalekreis Saalekreis: «Goldene Hände» und ganz viel Lebensmut

Von ANKE LOSACK 21.12.2011, 19:45

MÜCHELN/MZ. - Als Jäger und Sammler könnte man ihn bezeichnen. Ein Ritzel einer alten Brotschneidemaschine hat Achim Heimbach kürzlich erst in seinen Werkstatt-Fundus aufgenommen. "Mein Mann hebt alles auf. Er könnte es ja irgendwann einmal noch gebrauchen", sagt Johanna Heimbach, die Frau des 74-Jährigen, und lacht. Dafür, dass alles was ihm in die Hände kommt in seiner Werkstatt verschwindet, ist es darin ganz schön aufgeräumt. Und Achim Heimbach schwört: "Wenn ich etwas suche, finde ich es sofort."

Was sein "liebstes Kind" ist, also woran er schon tausende Male Hand angelegt hat, sieht man schon beim Betreten des heimischen Gehöftes in Neubiendorf. An einer selbst gebauten Vorrichtung klemmt ein Fahrrad. Daneben steht ein nachgebautes Kassler-Rad aus Holz auf dem Boden. "Das sind aber nur 67 Prozent vom Original", hakt er ein, "ich wollte, dass auch Kinder damit fahren können." Wenn man dann noch nicht erraten hat, was seine Leidenschaft ist, verrät es der Inhalt der Glas-Vitrine an der Wand. Miniatur-Räder - genau genommen Radball-Räder - zieren den Kasten.

Achim Heimbach hat es zum Radball verschlagen. "Das war am 2. Oktober 1952", kann er sich noch an das genaue Datum, als er das erste Mal Radball spielte, erinnern. 13 Jahre hat er für Mücheln in der DDR-Liga mitgewirkt, bis vor zehn Jahren noch in der Landesliga aktiv gespielt. Trainer, Schiedsrichter und bis heute noch Monteur - die Leidenschaft zum Radsport lässt ihn nicht los. Besonders in seinem Alter sei es wichtig, eine sinnvolle Beschäftigung zu haben. Es sei der Kontakt zu Menschen, das Nachdenken über Baupläne und vor allem die Frage, ob er umsetzen kann, was er sich vorgenommen hat, was ihn jedes Mal aufs Neue antreibe.

Für die Sportler des Vereins für Hallenradsport (VfH) Mücheln ist er freitags beim Training in der Sporthalle zur Stelle, hat auch dort eine kleine Werkstatt, wo er gleich vor Ort reparieren kann. "Trifft der Ball das Rad, können Speichen herausbrechen. Die müssen dann neu eingestellt werden", sagt der Tüftler. Lockere Speichen, Kabel-, Pedal- oder gar Rahmenbruch - alles kein Problem für Achim Heimbach. "Er hat goldene Hände", sagt sein Sohn Gerd, der wie der Vater Radsportler ist und als Vorsitzender des VfH Mücheln fungiert.

Wenn Achim Heimbach nicht gerade repariert, baut er selbst: Übungsgeräte für die Kunstradfahrer, Fahrradständer oder Miniatur-Nachbauten von Rädern. Da geht es dann richtig nach Skizzen. Aus den Originalen berechnet er auf den gewählten Maßstab herunter und legt dann los. "Das ist eine sehr zeitintensive Tätigkeit", bestätigt der 74-Jährige. Für den Nachbau des Kassler-Rades habe er alles in allem 380 Stunden gebraucht. Es ist also nicht verwunderlich, dass seine Frau lächelnd sagt, dass sie ihn nur bei den Mahlzeiten und zum Schlafen im Haus antrifft. Einen "Eheausflug" mache man freitags in die Sporthalle, sagt Johanna Heimbach. Sie ist ebenfalls eine gute Seele beim VfH Mücheln, nämlich für die Versorgung zuständig. "Und einkaufen fahren wir auch zusammen", hakt Achim Heimbach mit einem verschmitzten Lächeln ein, um zu betonen, dass er nicht nur in der Werkstatt bastele.

Der 74-Jährige hat immer einen kessen Spruch auf den Lippen, und so merkt man ihm gar nicht an, dass es ihm gesundheitlich nicht gut geht. Anfang des Jahres hat er eine schreckliche Diagnose bekommen, die ihn und seine Frau traurig stimmt. "Ich habe doch noch gar nicht alles geschafft, was ich mir vorgenommen habe", sagt er. Sein nächstes Projekt sei doch gerade erst in den Startlöchern. Eine mannshohe Windmühle aus Holz will er in den Garten bauen. Und da es unabgeschlossene Projekte bei Achim Heimbach nicht gibt, wünschen er und seine Frau sich zu Weihnachten, dass er mit der Gesundheit wieder bergauf geht.