Saalekreis Saalekreis: Bilder aus Seide und Leinen
MERSEBURG/MZ. - Mit der Sonderausstellung "Die gestickte Welt" bewies das Kulturhistorische Museum Schloss Merseburg ein glückliches Händchen. In den ersten sechs Wochen seit der Eröffnung besuchten weit über Tausend Interessierte die Schau. In den nächsten Tagen erwartet das Haus bereits den 2000. Gast.
Sozusagen als Sahnehäubchen gibt es seit dieser Woche eine wunderbare Ergänzung der Ausstellung: Den auf der Frankfurter Buchmesse präsentierten und gerade erschienenen Bildband "Mustertücher - Stickmuster aus drei Jahrhunderten". Das prächtig illustrierte Buch ist erhältlich im Shop im Besucherzentrum von Dom und Schloss. Geschrieben haben es zwei Frauen, die eine ganz besondere Beziehung zum Sticken haben - Irina Hundt und Lorraine Mootz.
Prof. Hundt, die in Merseburg lebt und an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden lehrt, hat die Ausstellung sogar mit auf den Weg gebracht. "Mit meinen Studenten mache ich Projektmanagement, und da haben wir uns mit Sticktechniken beschäftigt", erzählt die 55-Jährige. Weil da soviel Material zusammengekommen sei, habe sie im Museum im Schloss nachgefragt und sei auf offene Ohren gestoßen.
Zwei Jahre Arbeit am Buch
Ihre Mitautorin, eine gebürtige Amerikanerin, die selbst eine große Sammlung historischer Mustertücher besitzt, lernte Frau Hundt im Deutschen Stickereimuseum Celle kennen. Bald entstand die Idee, gemeinsam ein Buch herauszubringen. Rund zwei Jahre dauerte es, bis der Band nun tatsächlich vorliegt. Am längsten habe die Suche nach einem Verlag gedauert, den die beiden dann in Graz (Österreich) fanden, schildert sie.
Wenn Irina Hundt aufs Sticken zu sprechen kommt, kann sie stundenlang erzählen. Vom Entstehen dieser alten Handarbeitstechnik, von den unterschiedlichen Mustern und Motiven in den verschiedenen Ländern, von stickenden Nonnen, emsigen Hausfrauen, fleißigen Handarbeitsschülerinnen. Vieles davon findet sich nun in dem Band wieder. Dazu gibt es auf jeder (!) Seite eine, meist mehrere Abbildungen historischer Mustertücher aus der Sammlung von Lorraine Mootz.
"Bestickte englische Tücher enthalten im Vergleich zu deutschen mehr Text", weist sie auf Besonderheiten hin. Namen seien stets in voller Länge zu lesen. In Deutschland stickte man oft zwar das ganze Alphabet, aber nur Namenskürzel. Auf den Tüchern aus Frankreich dagegen finden sich häufig religiöse Motive. Zur großen Freude aller Handarbeitsbegeisterten enthält das Buch als kleinen Bonus 16 originale Stickvorlagen zum Nacharbeiten alter Muster.
"Sticken ist für mich Entspannung", meint Frau Hundt, die davon regelrecht fasziniert ist. Leider, bedauert sie, bleibe ihr zu wenig Zeit dafür.
Sticken lässt sich überall
Das Gute daran sei, dass sich eine kleine Stickerei überall mit hinnehmen lasse: In den Zug, die Abflughalle auf dem Flughafen, auf eine Bank im Park. Und auch sieben der alten Mustertücher-Originale aus dem Buch hat sie schon nachgestickt. Nur für eigene Entwürfe reicht die freie Zeit derzeit nicht.
"Stickmuster aus drei Jahrhunderten" (Leopold Stocker Verlag) zum Preis von 24,95 ist erhältlich im Besucherzentrum von Dom und Schloss Merseburg und im Buchhandel. ISBN 978-3-7020-1275-5
Die Sonderschau "Die gestickte Welt" im Kulturhistorischen Museum Schloss Merseburg ist bis zum 31. Oktober täglich von 9 bis 18 Uhr und vom 1. bis zum 7. November von 10 bis 16 Uhr geöffnet.