1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Merseburg
  6. >
  7. Nach vermeintlicher Raubkatzen-Sichtung: Puma-Alarm am Geiseltalsee war Fehlalarm – doch das eigentliche Problem bleibt

Nach vermeintlicher Raubkatzen-Sichtung Puma-Alarm am Geiseltalsee war Fehlalarm – doch das eigentliche Problem bleibt

Ein Puma am Geiseltalsee? Die Suche lief auf Hochtouren – nun steht fest: Fehlalarm. Doch Experten warnen weiter vor gefährlichen Lücken bei der Haltung exotischer Tiere in Sachsen-Anhalt.

Von Julius Lukas und Robert Briest 17.06.2025, 19:10
Das Bild zeigt das gesichtete Tier. Zunächst wurde gemutmaßt, es sei ein Puma.
Das Bild zeigt das gesichtete Tier. Zunächst wurde gemutmaßt, es sei ein Puma. (Foto: Saalekreis)

Bransbedra/MZ. - Die Entwarnung kam am Dienstagabend. Da teilte der Saalekreis mit, dass es sich bei dem Tier, nach dem seit Montagnachmittag rund um den Geiseltalsee gesucht wurde, nicht um eine gefährliche Raubkatze handelt. Das hatten zuvor ein Video sowie mehrere Sichtungen nahegelegt. Noch am Dienstagmittag sagte Ordnungsdezernentin Sabine Faulstich, dass es sich nach Experteneinschätzung „zu 80 Prozent“ um einen Puma handele. Eine weitere Aufnahme des Tieres habe diesen Verdacht aber widerlegt. Der Kreis habe alle Suchmaßnahmen gestoppt.

Wie gefährlich ist die Haltung exotischer Tiere?

Obwohl es sich um einen Fehlalarm handelte, war der Aufwand zur Gefahrenabwehr enorm. Zahlreiche Feuerwehren und Behördenmitarbeiter waren im Einsatz, ein Krisenstab wurde gebildet und Experten zurate gezogen. Ein Grund für die Anstrengungen: Dass sich ein Puma im Saalekreis frei bewegt, ist durchaus möglich. Denn wie viele der Raubkatzen bei Privatleuten leben, ist nicht genau bekannt. Den Behörden muss der Besitz nicht gemeldet werden, was der Landtagsabgeordnete Rüdiger Erben (SPD) seit geraumer Zeit kritisiert: „Ich rede mir seit 20 Jahren den Mund fusselig, dass Sachsen-Anhalt eine Gefahrentierverordnung braucht“, sagte er der MZ.

Die Feuerwehr Bad Lauchstädt suchte mit ihren Drohnen in der Nähe der Pfännerhall am Geiseltalsee.
Die Feuerwehr Bad Lauchstädt suchte mit ihren Drohnen in der Nähe der Pfännerhall am Geiseltalsee.
(Foto: Robert Briest)

Immer wieder gab es in den vergangenen Jahren Zwischenfälle mit exotischen Tieren – und auch Falschmeldungen. So verletzte 2021 ein Leopard während eines Fotoshootings in Nebra (Burgenlandkreis) ein Model. Aufsehen erregte im selben Jahr auch der weiße Löwe Mojo, der kurzzeitig im Zoo Halle untergebracht war. Zuvor lebte das Tier, das wohl in Tschechien für 5.000 Euro gekauft wurde, bei einem Halter in der Börde. Wo Mojo sich derzeit befindet, ist unklar. Spurlos verschwand auch das Unstrut-Krokodil, dessen Sichtung 2020 einen tagelangen Sucheinsatz auslöste. 2023 hielt zudem ein vermeintlicher Löwe am Rande von Berlin die Hauptstadt in Atem. Es handelte sich jedoch nur um ein Wildschwein.

Angesichts der Gefahr, die von Wildtieren ausgeht und dem Aufwand, den Kommunen nach einer Sichtung betreiben müssen, wird immer wieder ein strengeres Management der Halter gefordert. „Ob Puma, Löwe oder Krokodil – es kann nicht sein, dass solche Tiere in Sachsen-Anhalt nicht angemeldet oder genehmigt werden müssen“, kritisierte Rüdiger Erben. Eine entsprechende Verordnung sei 2003 ausgelaufen. Nur bei invasiven Arten oder Tieren unter Artenschutz – etwa Meeresschildkröten – ist die Haltung eingeschränkt oder untersagt. „Jeder darf so ziemlich alles halten – und das kann gefährlich werden“, so Erben.

Deutschland als Drehscheibe für Wildtierhandel

Zehn Bundesländer haben eine Gefahrentierverordnung. Sachsen-Anhalt gehört nicht dazu. Für den Deutschen Tierschutzbund stellt das ein Problem dar, da sich nach Schätzung der Umweltorganisation nur jeder zehnte Halter exotischer Wildtiere auch freiwillig bei den Behörden registriert. Erst bei einer offiziellen Anmeldung könne jedoch die artgerechte Unterbringung geprüft werden. „Bereits seit Jahren beobachten wir mit Sorge einen anhaltenden Trend zur Haltung von exotischen Wildtieren“, sagte Sprecherin Kerstin van Kan. Deutschland sei aufgrund der uneinheitlichen Gesetzeslage Dreh- und Angelpunkt des Wildtierimports und „einer der größten Absatzmärkte für den Heimtierhandel mit Wildtieren weltweit“.

Für die Tiere gehe die artungerechte Haltung oft mit Leid einher, so van Kan. Zudem gebe es längst nicht genug Auffangstationen für Gefahrentiere im Land. Der Tierschutzbund plädiert daher für eine Positivliste, die alle Tiere enthält, die als Heimtier gehalten werden dürfen. Peta fordert darüber hinaus ein deutschlandweites Haltungsverbot von Wildtieren.

Unklar bleibt indes, welches Tier am Geiseltalsee gesichtet wurde. Der Saalekreis konnte dazu am Dienstagabend keine Angaben machen.