Poetry-Slam-Workshop in Merseburg Poetry-Slam-Workshop in Merseburg: Sprachjongleurin im Einsatz

Merseburg - Balanceakt, und Tschüss, Brechdurchfall, Solarenergie, kotzende Elche oder kleines Japan - kaum vorstellbar, dass aus diesen Worten kleine Geschichten entstehen können, doch genau das haben Neuntklässler des Domgymnasiums fertiggebracht. Angefeuert von Poetry-Slamerin Josephine von Blueten Staub ließen die Jugendlichen ihre Stifte sprechen und dachten sich binnen weniger Minuten Geschichten aus, die lustig oder nachdenklich waren. Drei bestimmte Worte - jeder hatte andere aus dem Lostopf gezogen - mussten darin vorkommen.
Deutschunterricht wie er nicht oft vorkommt. 90 Minuten lang beschäftigten sich die 14- und 15-Jährigen mal auf andere Weise mit der deutschen Sprache. Zum Aufwärmen ging es um Assoziationsketten. Hund - Katze - Tierhaarallergie. So was in der Art. Im Anschluss wurden Sätze gebildet. Jeder in der Runde steuerte das nächste Wort bei. Die dritte Stufe war das gemeinsame Erzählen einer Geschichte bzw. das Bilden eines Mega-Satzes, zu dem jeder einen neuen Teil beitrug. Und dabei ging es immer die Runde rum.
Dann das Geschichtenschreiben, und vier Schüler lasen ihr Aufgeschriebenes auch vor. Und dafür gab’s richtig Beifall. Denn still sein, wenn andere vorlesen und danach Beifall klatschen habe etwas mit Respekt zu tun, hatte Josephine von Blueten Staub den Schülern erklärt. Die 22-Jährige jongliert mittlerweile so erfolgreich mit Worten, dass sie scheinbar davon leben kann. Ihr Pseudonym Josephine von Blueten Staub hat sich die Wahl-Hallenserin mittlerweile sogar in ihren Ausweis eintragen lassen. Ihren bürgerlichen Namen benutzt Josephine Klüver vermutlich nur noch beim Studium.
„Kunst gegen Bares“
„Ich studiere nebenbei Politik“, erzählt die Frau, die mit Worten gegen den Untergang der Sprachkultur kämpft. Zehnmal im Monat habe sie Auftritte in ganz Deutschland. Seit 2013 ist Josephine Blueten Staub in der Poetry-Slam-Szene aktiv, ist Moderatorin der Kunstveranstaltung „Kunst gegen Bares“ in Halle und leitet Workshops wie zum Beispiel diesmal im Domgymnasium. „Ich habe irgendwie immer geschrieben“, erzählt Josephine der MZ. „Die erste Kurzgeschichte wahrscheinlich so mit 15.“ Beim Poetry Slam müsse sich nichts reimen, man müsse auch nicht immer alles rhythmisch sprechen können, erklärt sie den Schülern.
Drei Regeln gebe es allerdings: Die Texte müssten selbst verfasst sein, man hätte maximal sechs Minuten Zeit und dürfe auf der Bühne keinerlei Hilfsmittel benutzen. „Also Oma oder bester Freund haben nichts auf der Bühne zu suchen.“ Inspiriert werde sie selbst von Dingen, die sie ärgern, die sie schön findet oder die sie wütend machen. Wenn ihr Worte und Ideen schnell zufliegen, braucht sie für einen Text einen Tag.
Zum Abschluss präsentierte sie den Schülern einen eigenen Slam-Text, „Peter Pan und die Piraten“ über einen Garten, in dem man einst als Kind spielte, Instagram-Momentfotografie, Veganer fürs Leben und die Ermordung von Kinderfantasien.
Wie kam die etwas andere Deutschstunde bei den Schülern an? „Ich fand’s nicht so cool, weil mich so etwas nicht interessierte“, meinte ein Junge. Ein Mädchen meinte allerdings: „Ich könnte mir schon vorstellen, dass ich mich damit weiter beschäftigen könnte.“