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Planetarium Merseburg Planetarium Merseburg: Was sagen uns die Sterne?

Von Dirk Skrzypczak 30.12.2015, 18:29
Mechthild Meinike, Referentin im Planetarium Merseburg, blickt für die MZ in die Sterne. Die wichtigste Botschaft: Wir Erdlinge sollten uns im Universum nicht zu wichtig nehmen.
Mechthild Meinike, Referentin im Planetarium Merseburg, blickt für die MZ in die Sterne. Die wichtigste Botschaft: Wir Erdlinge sollten uns im Universum nicht zu wichtig nehmen. Peter Wölk Lizenz

Merseburg - Die Sterne lügen nicht, sagt man. Aber verstehen wir auch, was uns die Sterne sagen? Gibt es tatsächlich himmlische Mächte am Firmament, die unser Schicksal beeinflussen? Und warum lohnt es sich in diesen Tagen, zeitig aufzustehen und den Himmel zu beobachten? MZ-Redakteur Dirk Skrzypczak hat darüber mit Mechthild Meinike gesprochen, Referentin im Planetarium Merseburg. Die Silvesterveranstaltung „Geschenke des Himmels“ ist indes ausverkauft.

Silvester sehen viele Leute Sterne, weil sie zu tief ins Glas schauen. Lohnt es sich denn auch, die echten Sterne zu beobachten?

Meinike: Naja, abends würde ich sicher kein Teleskop aufstellen. Bei dem ganzen Feuerwerk, dem Rauch und Qualm sowie den hellen Städten wird man nicht viel sehen. Dafür wird es am Silvestermorgen schön, weil da ab 4 Uhr nacheinander vier Planeten wie an der Perlenkette erscheinen: Jupiter, Mars, Venus und Saturn. Das sieht wirklich hübsch aus.

Na bravo, unsere Leser werden sich bedanken, wenn sie Silvester am Frühstückstisch die Zeitung aufschlagen. Immerhin haben wir ihnen erzählt, was sie verpasst haben.

Meinike: So wild ist das nicht. Die Planetenkonstellation wird am südöstlichen Himmel auch noch in der ersten Januarhälfte zu sehen sein. Man muss halt nur früh aufstehen oder erst gar nicht ins Bett gehen.

Schön zu wissen. In vielen Familien wird am Silvesterabend Blei gegossen. Die daraus entstehenden Figuren sollen sagen, ob man 2016 Glück oder Pech hat. Welche Botschaft haben denn die Sterne für uns?

Meinike: Die Sterne sagen, dass alles so läuft, wie es soll. Im Planetarium nehmen wir uns die Horoskope vor und überprüfen ihren Wahrheitsgehalt. Viele unserer Gäste sind immer wieder überrascht, dass die Sternzeichen mit den tatsächlichen Sternbildern gar nichts zu tun haben.

Astronomie kontra Astrologie also, warum eigentlich?

Meinike: Zwei Punkte sind entscheidend. Die Astrologie teilt den Himmel in zwölf gleiche 30-Grad-Abschnitte ein. Die wahren Sternbilder sind aber nicht gleich groß, sie haben unterschiedliche Ausdehnungen. Das passt also nicht zusammen. Außerdem verwendet die Astrologie einen Kalender, der seit 3 000 Jahren falsch geht. Über so lange Zeitskalen verschiebt sich das Blickfeld auf das Gestirn.

Das heißt also, dass eine Person mit dem Sternzeichen Löwe in Wahrheit gar kein Löwe ist und falschen Ratschlägen folgt, die auf sein Sternzeichen gemünzt sind?

Meinike: Richtig, der Löwe ist eigentlich ein Krebs, um mal dem Beispiel zu folgen. Ich sage den Leuten immer, sie können an die Deutungen glauben oder nicht. Den Sternen ist es jedenfalls egal. Richtig kruder Schwachsinn sind aber die ominösen Monddeutungen, die ebenfalls existieren.

Sie meinen Ratschläge wie den, dass man sich bei Neumond das Rauchen besser abgewöhnen kann?

Meinike: So etwas ist ja harmlos. Aber wenn Menschen empfohlen wird, sich je nach Mondkonstellation nicht operieren zu lassen, weil man zu stark bluten würde, dann ist es gefährlich. Die Gezeitenwirkung des Mondes funktioniert anders. Auf unsere Kapillaren hat er keinen Einfluss.

Naja, aber manche Leute schlafen bei Vollmond schlechter. Das könnte freilich auch daran liegen, dass sie die Vorhänge nicht zuziehen und es zu hell ist.

Meinike: Die Geschichten zum Mond sind ein Phänomen der selektiven Wahrnehmung, die sich statistisch nicht belegen lassen. Es gibt Hebammen, die schwören, dass bei Vollmond mehr Kinder auf die Welt kommen. Und wer bei Vollmond schlecht schlafen kann, der war vielleicht irgendwann mal wach, als der Mond durchs Fenster schien und achtet seitdem unbewusst darauf. Noch mal: Mond und Sterne wollen uns nichts schlechtes. Warum auch?

Vor tausenden Jahren sind die Legenden zum Teil aber entstanden. Die Mythen halten sich hartnäckig.

Meinike: Astronomie und Astrologie haben gemeinsame Wurzeln. Mit dem Erkenntnisprozess über das Universum haben sie sich voneinander entfernt. Die Menschen werden sich aber immer Fragen zum Weltall stellen. Es entspricht unserem Wesen und unserer Neugier, Entdecker zu sein.

Entdecken wir irgendwann Leben auf einem anderen Planeten? Vermutlich bewegt diese Frage die Menschheit am meisten.

Meinike: Ich denke schon, dass woanders Leben existiert. Das Universum ist schließlich unendlich! Und das ist ja auch das Schlimme an der Geschichte, die großen Entfernungen. Wenn wir einen Planeten in 500 Lichtjahren entdecken und die Frage mit Lichtgeschwindigkeit dorthin schicken, ob da jemand ist, dann dauert auch die Antwort 500 Jahre. Wenn überhaupt jemand antwortet. Oder wenn dann noch einer auf der Erde ist, der sie empfangen kann.

Also brauchen wir Technologien wie in Star Wars, um intergalaktische Freunde zu finden.

Meinike: Star Trek wäre mir da lieber, die Vision, die Menschheit als friedliebende Spezies zu sehen. Science-Fiction liefert sehr wohl Ideen für die technologische Entwicklung - positiv wie negativ.

Definitiv positiv ist eine Großinvestition, die das Planetarium im nächsten Jahr plant. Ihre Besucher erwartet ein multimediales Erlebnis.

Meinike: Wir werden einen Fulldome installieren, der interaktive Reisen zu den Sternen ermöglicht. Im Frühjahr wollen wir die Steuerung für das Gerät einbauen. Der Fulldome selbst kommt im Sommer. Für weitere Sponsoren wären wir dankbar, denn die Technik ist teuer. Dow hat uns Geld für die Anschubfinanzierung gegeben, die Sparkasse und der Landkreis unterstützen die Anschaffung und Verlegung der Kabel und so weiter. So ein Fulldome kostet je nach Ausstattung zwischen 30 000 und 50 000 Euro.

Das wird sicher ein Spektakel. Hat denn jemand in der Region die Technik schon?

Meinike: Die Arche Nebra, wenn man sie als Planetarium sieht. Dessau und Wernigerode arbeiten mit Geräten, die sie selbst gebaut haben. Meines Wissens wären wir in Merseburg die Ersten in Sachsen-Anhalt, die einen Fulldome kaufen.

Wie sind Sie denn mit dem abgelaufenen Jahr zufrieden?

Meinike: Die Besucherzahl entwickelt sich kontinuierlich nach oben. 2015 hatten wir 6 200 Gäste. Unsere Strategie ruht auf Säulen, die wichtig sind. Die Stadt betreibt das Planetarium und zahlt für den Unterhalt. Einnahmen generieren wir durch die Zusammenarbeit mit den Schulen, öffentliche Veranstaltungen, Vereinsaktivitäten und private Veranstaltungen.

Auf welches kosmische Spektakel dürfen wir uns denn 2016 freuen?

Meinike: Das zentrale Ereignis wird der Merkurtransit am 9. Mai. Dann bewegt sich der Merkur vor der Sonne entlang und ist mit einer entsprechenden Schutzbrille wohl auch gut zu sehen.

Wenn das Wetter mitspielt ...

Meinike: 2015 hatten wir Glück bei der Mond- und der Sonnenfinsternis. Und wenn die Wolken dicht sind, dann übertragen wir das Ereignis im Planetarium. Es wird schon einen Ort geben, von dem man aus freie Sicht hat.

Noch eine Frage: Es heißt, dass Astronomen einen anderen Tagesrhythmus haben. Wie ist das bei Ihnen? Sind Sie ein Morgenmuffel?

Meinike: Ich würde mich als Spätmensch bezeichnen, also eher als Eule und nicht als Lerche. Vor Mitternacht gehe ich selten ins Bett.