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MZ-Redakteurin im Tierpfleger-Praktikum MZ-Redakteurin im Tierpfleger-Praktikum: Der schönste Job des Lebens

Von Undine Freyberg 09.09.2019, 06:00
Kleine Kämpfer: Im Brutschrank picken sich Hühnerküken aus den Eiern.
Kleine Kämpfer: Im Brutschrank picken sich Hühnerküken aus den Eiern. Katrin Sieler

Merseburg - Vor mir stehen sechs Eimer. In zwei kommt das Futter für die Nutrias, in zwei andere das Futter für die Kaninchen. In Nummer fünf und sechs das Futter für die Meerschweinchen. Es ist beinahe wie Salatschneiden zu Hause. Nur dass die Stückchen etwas größer sein dürfen, und ich persönlich das nicht alles roh und auch noch zusammen essen würde: Äpfel, Möhren, Kürbis, Fenchel, Birnen, ein paar Aprikosen - mit Stein -, Spitzkohl und Radieschen. Doch um mich geht es hier nicht. Ich bin zum Probearbeiten im Merseburger Südpark.

Im Augenblick helfe ich, das Futter für die Tiere vorzubereiten. Und obwohl ich keine Fachkraft bin, freut man sich, dass ich da bin. Hier könnten noch mehr helfende Hände gebraucht werden.

Morgens um 6.30 Uhr geht es hier los

Die Plastikverpackungen müssen runter von Brokkoli, Möhren und Paprika. Die Zitronen werden zur Seite gepackt – keine Zitrusfrüchte für die Tiere. Ich schneide so schnell ich kann. Doch gegen Kerstin Mühlbach und ihre eingefuchsten Kollegen verliere ich am Messer gnadenlos. Doch irgendwann sind meine Eimer trotzdem gut gefüllt.

Morgens um 6.30 Uhr geht es hier los, dann wird im Akkord geschnippelt – zumindest montags, mittwochs und freitags. Freitags ist am meisten zu tun, weil dann auch das Futter fürs Wochenende vorbereitet wird. Glücklicherweise spenden Supermärkte aus der Nähe den größten Teil des Futters für die Tiere. Was zugekauft werden muss, dabei helfen die Tierpaten mit ihren Spenden.

„Die Leute bringen uns manchmal richtig gute Sachen aus dem Garten.“

Im Park stehen auch drei braune Tonnen, in die die Parkbesucher Spenden legen können – am Bauernhof, bei den Zwergziegen und beim Esel gegenüber vom Luchs. „Die Leute bringen uns manchmal richtig gute Sachen aus dem Garten. Aber bitte keine Bohnen wegen der Blausäure“, warnt Tierpflegerin Kerstin Mühlbach. Leider entsorgen aber auch manche ihren Hausmüll in den Futtertonnen. „Dann müssen wir alles wegschmeißen. Das ist schade.“

Ganz wichtig: „Bitte die Tiere nicht füttern. Wir hatten schon mal Tiere, die uns fast gestorben wären, weil die Leute ihnen zu viel Brot gegeben hatten. Die Tiere werden von uns wirklich gut gefüttert und bekommen, was gesund für sie ist.“

Wenn es besonders heiß ist und gute Sachen gespendet wurden, machen die Tierpfleger Eisbomben

Wenn es besonders heiß ist und gute Sachen gespendet wurden, machen die Tierpfleger Eisbomben für manche Tiere. Zwei Tage muss der Zehn-Liter-Eimer für die Ziegen im Tiefkühlschrank durchfrieren. Auch die Hängebauchschweine, die gerade wieder Junge haben, kriegen eine leckere Erfrischung. Und da kann es schon mal sein, dass eine Erdbeere auf der Schweineschnauze landet und unbemerkt ein Weilchen spazierengetragen wird. Sehr süß anzuschauen.

360 bis 400 Tiere leben durchschnittlich im Tierpark. Die Zahl schwankt je nach Nachwuchslage. Die Tierpfleger sorgen für saubere Gehege und Käfige, für ausreichend Futter und frisches Wasser. Die Gärtner im Park geben trotz der Hitze alles. Die Wege sind tipptopp in Ordnung, nirgendwo liegt Müll herum. Das Blumenbeet neben dem Käfig mit den Pfauen, wo es gerade ein Junges gibt, ist ein Traum.

„Die Leute können ganz nah an die Tiere ran.“

Kerstin Mühlbach weiß, warum selbst Hallenser, Weißenfelser oder Leipziger in den Südpark kommen. Nämlich nicht nur, weil der Besuch kostenfrei ist. „Unser Park ist schön angelegt, hell und freundlich, und die Leute können ganz nah an die Tiere ran.“ Die 55-Jährige weiß, wovon sie redet, sie ist seit 36 Jahren dabei. Aber eigentlich sogar noch viel länger.

Als sie früher bei der AG Ponyreiten war, hat sie schon als 13-Jährige 1977 beim Rasenanlegen für den künftigen Südpark geholfen. „Jemand hat ausgesät. Ich habe die Pferde geführt, und wir sind mit der Egge drüber. Dann wurde alles mit der Walze festgedrückt“, erzählt sie. 1978 begann der Bau des Südparks.

Ich bin beeindruckt von den kleinen Kerlchen

Bevor wir zum Füttern rausfahren, sagt Kerstin Mühlbach, ich solle doch mal mitkommen. In einem anderen Raum steht ein kleiner Brutschrank, aus dem es ziemlich verdächtig piepst. Und tatsächlich - hier schlüpfen gerade kleine Hühnerküken. „Und schauen Sie mal, wie schnurgerade die die Schale aufpicken“, zeigt die Tierpflegerin. Ich bin beeindruckt von den kleinen Kerlchen, die am nächsten Tag im warmen Sand unter der Heizlampe landen werden.

Doch genug rumgewundert. Jetzt geht's raus zu den Rothirschen und den Wildschweinen. Als die Schweine den kleinen orangefarbenen Transporter sehen, gibt es kein Halten mehr. Sie rennen am Zaun entlang bis zum Tor und begrüßen uns. Dann geht alles ganz schnell. Tor auf, Transportner rein, rückwärts ranfahren, Ladefläche ankippen und schon ist der Schweinetisch aufs Leckerste gedeckt. So ähnlich läuft es auch bei den Rothirschen. Hier tauschen wir noch das Wasser aus und leeren mehrere Kanister in eine große Schale aus, damit die Tiere wieder frisches Wasser zum Trinken haben.

„Wissen Sie nun, warum das für mich der schönste Job der Welt ist?“

Dann kommt meine große Stunde: Ich darf die Ziegen füttern. Die kriegen nichts von dem, was ich da morgens mit Herzblut vorbereitet habe. Es gibt kleine Äpfel und Schrot, und kaum sind wir im Gehege, kommt die Rasselbande auch schon angestürmt. Vorn dran „Möckel“, gefolgt von seinem Vater „Walter“ mit dem langen Bart, und auch „Frau Schumann“ scharwenzelt um meine Beine herum. Ich versuche, den Ziegenkötteln auszuweichen. Keine Chance. Aber egal. Es macht einfach Spaß.

„Wissen Sie nun, warum das für mich der schönste Job der Welt ist?“, lächelt Kerstin Mühlbach. Da stört es sie auch nicht, dass sie jedes zweite Wochenende ran muss und auch am Abend. Schließlich müssen die Schweine, Ponys und Schafe vom Bauernhof für die Nacht in ihre Ställe gebracht werden. Mühlbach: „Und auch die Puten werden eingesperrt, damit sie nicht der Marder holt.“

Die Tiere sind Kerstin Mühlbachs Leben, und ich könnte mir vorstellen, dass sie zwar manchmal ihren Urlaub herbeisehnt, aber das Ende des Urlaubs vermutlich noch viel mehr. (mz)

Undine Freyberg hilft, Futter zurechtzuschneiden.
Undine Freyberg hilft, Futter zurechtzuschneiden.
Katrin Sieler
Wir bringen auch den Rothirschen frisches Wasser.
Wir bringen auch den Rothirschen frisches Wasser.
Katrin Sieler
Eine Eisbombe für die Ziegen
Eine Eisbombe für die Ziegen
Katrin Sieler