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Montags kam das Bier Montags kam das Bier: Vor 50 Jahren öffnete der Studentenkeller Oelgrube in Merseburg

Von Undine Freyberg 24.03.2019, 07:00
Zum 20. Kellerjubiläum stand der Merseburger Dirk Mälzer als Gilbert Becaud auf der Bühne der Oelgrube, schmetterte „Nathalie“ und das Männerballett in Strapsen wackelte mit den Hüften.
Zum 20. Kellerjubiläum stand der Merseburger Dirk Mälzer als Gilbert Becaud auf der Bühne der Oelgrube, schmetterte „Nathalie“ und das Männerballett in Strapsen wackelte mit den Hüften. K. Mälzer

Merseburg - Nur wer drin war, war in. Und konnte auch mitreden. „Wer kommt zum Tanz und wer geht am Ende mit wem? Nach Kellernächten gab es oftmals was zu tuscheln“, erinnert sich Katharina Mälzer, die an der Hochschule in Merseburg Chemie studierte und in der Oelgrube ihren Mann Dirk kennengelernt hatte. In diesem Jahr wird der ehemalige Studentenkeller, der heute vom Kulturverein Oelgrube betrieben wird, ein halbes Jahrhundert alt.

Der Merseburger Lutz Schulze hatte 1966 angefangen, Ingenieurökonomie zu studieren. „Ich weiß noch, dass damals jeder Student fünf Ostmark für den Aufbau des Kellers an die Freie Deutsche Jugend zahlen musste.“ Denn wenn man damals die Tür zu dem Gebäude öffnete, habe man in den Himmel geschaut, ein Dach habe es an der Stelle nicht gegeben. „Nachwirkungen des Krieges. Aber ehrlich - ich hätte nie gedacht, dass ich von den fünf Mark etwas wiedersehe.“

Am 30. April 1969 öffnete Studentenkeller Oelgrube in Merseburg zum ersten Mal

Doch es kam anders. Am 30. April 1969 öffnete der Studentenkeller Oelgrube zum ersten Mal seine Pforten. Danach war immer mittwochs und samstags Tanz im Keller angesagt. „Dienstags, donnerstags und freitags war Bierabend“, erinnert sich Lutz Schulze. Der 71-Jährige, der schon lange in Berlin lebt, gehörte damals zum sogenannten „Gastronomiekreis 1“. Das war eine von vier Barmannschaften, die sich wöchentlich damit abwechselten, die Oelgrube zu bewirtschaften.

„Wenn wir arbeiteten, das war immer von 20 bis 23 Uhr - bekamen wir zwei Mark die Stunde. Ein kleines Helles kostete 40 Pfennige, eine Bockwurst mit Brötchen 78.“ In einer Woche sei man schon mal auf 200 Mark Trinkgeld gekommen, wer die Bar gemacht habe, habe es leichter gehabt. „Ich war am Biertresen.“ Eine seine Aufgaben: Jagd auf leere Gläser machen.

Oelgrube in Merseburg: „Wir hatten anfangs nur 100 Biergläser“

„Wir hatten anfangs nur 100 Biergläser, und wenn 120 Leute oder mehr im Keller waren, wurde es schnell eng.“ Wenn die Kommilitonen tanzen gingen, habe er auch die noch nicht ganz leeren Gläser eingesammelt. Schulze lacht. „Was sollte ich machen, am Tresen standen sie Schlange.“ Der Bier-Nachschub sei immer montags gekommen. „Dann ließen die Bierkutscher die Fässer die steile Treppe hinunter auf einen alten Strohsack plumpsen. Den hatten sie mit.“ Im ersten Kellerjahr sei sogar mal das Fernsehballett da gewesen und das Studio Halle habe einen Beitrag fürs DDR-Fernsehen gedreht.

Damals habe man noch nicht bis in die Puppen feiern dürfen. „23 Uhr war bei uns Schluss. 23.45 Uhr war Polizeistunde. Da mussten alle raus sein“, erzählt Lutz Schulze. Dann hätten sie zusammengeräumt und sich dann noch an ihren Stammtisch gesetzt. „Um 0.15 Uhr klopfte es dann manchmal an der Tür. Das waren fast immer die gleichen Streifenpolizisten, die sich bei uns nur aufwärmen wollten. Bier haben die nie getrunken“, lacht Schulze. (mz)

Für einen Abend in der Oelgrube war den Studenten kein Weg zu weit.
Für einen Abend in der Oelgrube war den Studenten kein Weg zu weit.
K. Mälzer