"Ey du stinkst!" Mobbing: Caritas unterstützt Kinder und Jugendliche in Schulen im Saalekreis

Merseburg - „Ey, du stinkst!“ Diesen Spruch bekommt mancher Schüler in der Hofpause oder im Klassenzimmer zu hören. Nicht nur einmal, sondern immer wieder. Nicht nur von einer Person, sondern im schlimmsten Fall von der ganzen Klasse. „Ob es für den Spruch nun einen Anlass gibt oder nicht - er tut weh“, weiß Martin Walter von der Beratungsstelle Mobbing Help der Caritas.
Die hatte auch im vergangenen Jahr viel zu tun: „Allein im Saalekreis haben wir 104 Kinder und Jugendliche beraten, die Opfer von Mobbing geworden sind.“ Darüber hinaus laufen an insgesamt acht Schulen in Halle und im Saalekreis momentan noch acht Interventionen, bei denen die Anti-Mobbing-Berater direkt in den Einrichtungen aktiv werden und eingreifen.
Beratungsstelle Mobbing Help der Caritas: „Wir beobachten immer zwei Opferrollen“
Auch wenn der vermeintliche Körpergeruch oder Übergewicht Tätern mit am häufigsten Anlass dazu geben, bei jeder Gelegenheit verbal auf ihre Opfer einzudreschen: Die Gründe für Mobbing sind vielfältig und auch die Art und Weise, wie man damit als Opfer umgeht. „Wir beobachten immer zwei Opferrollen“, sagt Walter. Der eine ziehe sich komplett in seine eigene Welt zurück, der andere werde zu einer Art Klassenclown, der mit Hilfe von unangebrachtem Verhalten um Aufmerksamkeit bettelt.
Bei letzterem Verhalten, aber auch wenn der Körper ihres Kindes unerklärliche blaue Flecken aufweist, der Betroffene in sich gekehrt wirkt, weniger vom Schulalltag erzählt oder der Gang zur Schule sogar mit Angst verbunden ist, sollten bei den Eltern die Alarmglocken schrillen. „Das sind typische Anzeichen dafür, dass Kinder Opfer von Mobbing geworden sind“, wie Martin Walters Kollegin, Mandy Grabbert, gegenüber der MZ berichtet.
Beratungsstelle Mobbing Help der Caritas: „Gefühlt hat es Mobbing aber schon immer gegeben“
Ob die Zahl der Mobbing-Fälle steigt oder einfach nur das Angebot einer Beratung oder Intervention angenommen werden, vermögen die Experten nicht zu sagen. „Gefühlt hat es Mobbing aber schon immer gegeben“, sagt Walter. „Nur die Form hat sich vielleicht gewandelt.“
Im Zeitalter von Facebook, Whatsapp und Co., soziale Netzwerke, die auch schon Grundschüler nutzen, sei es noch leichter geworden, vermeintlich Schwächere bloßzustellen - mit oder auch ohne deren Wissen. „Wir haben regelmäßig mit Fällen von Cybermobbing zu tun“, sagt Walter. „Daran sieht man, wie wichtig es ist, Kinder mit der Technik nicht alleinzulassen, sondern Medienkompetenz zu schulen.“
Hilfe für Mobbing-Opfer: Eine Intervention könne bis zu acht Wochen dauern
Sollten die eigenen Kräfte zur Abwehr von Mobbing-Attacken nicht ausreichen, greifen die Berater der Caritas in Rücksprache mit den Schulen und deren Sozialarbeitern auch des öfteren direkt vor Ort ein. Eine solche Intervention könne bis zu acht Wochen dauern und bestehe vor allem aus Gruppen- und Einzelgesprächen. „Wir machen aber auch Übungen, bei denen die Täter, die psychisch dazu in der Lage sind, einmal in die Opferrolle geraten“, erzählt Walter.
„Wenn dann alle auf ein Signal hin auf das ’Opfer’ einwirken, dann kommt dabei schon etwas bei den Tätern an“, ist er sich sicher. Auch die Regionalbereichsbeamten der Polizei werden mit einbezogen. „Deren Uniform zieht dann schon“, meint der Caritas-Mitarbeiter.
So ist die Beratungsstelle Mobbing Help der Caritas in Merseburg zu erreichen
Um ein erneutes Mobbing zu verhindern, bauen die Experten in den betroffenen Schulen zudem eine Unterstützergruppe auf. „In der befinden sich auch Täter“, sagt Martin Walter. Über einen Verhaltensvertrag prüfen beide Seiten stets, ob gegen darin getroffene Vereinbarungen verstoßen wurde. „So merken beide Seiten auch, dass alles dokumentiert wird und wir mitbekommen, wenn wieder etwas schiefläuft.“ (mz)
Die Beratungsstelle in der Dammstraße 8 in Merseburg ist Montag von 14 bis 16 Uhr zu erreichen. Kontakt ist auch über Telefon 0345/12512530 oder [email protected] möglich.