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Mimen mögen Merseburg Mimen mögen Merseburg: Miss Francchelli in der Luft

Von Elke Jäger 10.03.2002, 14:00

Merseburg/MZ. - Miss Francchelli ist der heimliche Star des Variete-Theaters. Wer würde glauben, dass die zartgliedrige schwarzhaarige Dame, die auf ihrem Reifen so grazil durch die Lüfte schwebt, 92 Lenze zählt? Und wer kann sich vorstellen, dass eine Marionettenpuppe mit Bällen jongliert oder mit den Füßen Gewichte stemmt? Das alles ist zu erleben im Variete am Faden, das anläßlich der Puppenfestspielwoche - sie geht noch bis zum 13. März - in Merseburg gastierte.

Miss Francchelli gehört ebenso wie Ballino Balero, August der Clown oder Nico, der stärkste Mann der Welt, zum Marionettentheater "fundus", das sich in der Tradition der beliebten Jahrmarkt-Varietes sieht. Ein lebendiges Museum, mit dem die Dresdner Olaf Bernstengel und Detlef Kaminsky durch die Lande reisen. Virtuos beherrschen die beiden die Kunst, immer im rechten Moment am richtigen Faden zu ziehen und den teilweise jahrzehntealten hölzernen Puppen Leben einzuhauchen.

So tänzelt August mit dem Schirm auf dem Seil und balanciert auf dem Stuhl, wirbelt Ballino die Kugeln durch die Luft und stemmt Herkules Nico 7,7 Zentner schwere Gewichte. Dazwischen wandern historische Klappfiguren über die Bühne im Saal des alten Rathauses.

Es ist nämlich wieder Puppenfestwoche in Merseburg, und "fundus" eröffnet die große Gaukler- und Komödiantengala. Trotz etlicher Alternativveranstaltungen zur gleichen Zeit (Frauentag und Wahlkampf) ist der Saal voll. Die Gala gilt mittlerweile als Geheimtip für Liebhaber der kleinen und feinen Unterhaltung, bei der auch das fröhliche Lachen locker sitzt und immer wieder hervorbricht.

Da reicht ein gelungener Trick, eine charmante doppeldeutige Geste, ein geschickt gewähltes Bonmot. Auch Bert Rex, dem liebenswürdigen Zauberer und Magier, fliegen die Herzen nur so zu. Zumal er sogar einen seiner Tricks verrät: Wie plötzlich ein Finger unter dem Tuch auftaucht, und der sogar wackeln kann. . . Schwierig für Nachahmer kann werden, wie man dann noch Würstchen, Gurken und Karotten hervorzaubert. Aber ein kleines Geheimnis muss ja bleiben. Sonst würde auch der Seil- und Entfesselungstrick an Spannung verlieren. Kaninchen oder Tauben zieht Rex nicht aus dem Hut, er leistet sich nur eine kleine Schlange. Eine so genannte Gelbfederboa, handzahm und dressiert. Boah!

Das Publikum ist begeistert. Etwas aus dem Rahmen des Programms fällt der Lauchstädter Martin Crone, der über die Geschichte des Posthorns plaudert. Das Signal, das er bläst, kündigt die Ankunft einer Dienstpost mit Kutsche und zwei Pferden an. Der Anti-Held, Pere Ubu, ein regelrechtes Ekelpaket, erscheint zum Schluss - ein derbes Stück mit bösem Ende, präsentiert von Cyril Bourgois vom "Theater der Gosse". Ein Gemetzel auf der Bühne - wie die Kriege im wahren Leben, wenn niemand Einhalt gebietet. Am Montag, Dienstag und am Mittwoch ist Puppenspiel-Märchenstunde für die Kinder im Schloßgartensalon angesagt (10 Uhr). Da gibt es nur noch Restkarten.